Nach 1 Tag Pause machen wir uns auf in die Rub‘ Al Khali, der größten Sandwüste der Welt. Von unserem Standplatz aus führt eine Sandpiste geradewegs in den Süden an Qatar und den Emiraten vorbei. Es nimmt einige Zeit in Anspruch, allein bis wir an den Einstieg der Route gelangen. Mittags des übernächsten Tages tanken wir an dem Camp mit je 1 Tanksäule für Petrol und Diesel noch auf. Manche der zahlreichen Lkws tanken hier Wasser auf.
Auf der planierten Piste ist reger Lastverkehr. Gas- und Ölexploration treibt die Geschäftigkeit in die Wüste. Die Straße wird auch regelmäßig gewartet, wie wir an verschiedenen Stellen sehen. Um die Festigkeit zu erreichen, wird sie mit einer Substanz versetzt gewässert und anschließend in Form geschoben. Die Straße in ihrer Beschaffenheit zieht sich 300 Kilometer. Erst knapp 100 Kilometer vor Ziel fahren wir auf Sand und leichtem Wellblech.
Auf den insgesamt 370 Kilometern, die wir zurücklegen, verändern sich die umgebenden Formationen. Das Sandmeer eingangs baut sich im Laufe des Weges zu hohen Dünen auf. Unser Weg führt über Kämme und Täler mit seinen Salzpfannen. Faszinierend ist das Farbenspiel von leuchtend orange bis dunklem Rostrot bei blauem Himmel.
Auf der Strecke ist ein Lkw schwer im Sand steckengeblieben. Dankbar nimmt er unser Hilfsangebot an. Langsam war der Truck nicht zu bewegen. Erst ein kraftvoller Ruck brachte den Lastwagen in Bewegung aus dem Sand. Auf diesem Abschnitt war kaum Verkehr. Es hätte noch ganz schön dauern können bis zum Eintreffen von Hilfe.
Am ersten Tag haben wir in 4 Stunden 100 Kilometer geschafft. Am zweiten sind wir schon um 0700 Uhr gestartet und bis 1400 Uhr gefahren für 200 Kilometer. Am Tag unserer Ankunft in Umm Al Hays haben wir die restlichen 70 Kilometer noch vor Mittag bewältigt. Der große See – er ist einer von 7 insgesamt hier in der Gegend – ist traumhaft. Umgeben von Dünen liegt er vor uns wie ein Geschenk. Ein Flamingo hat sich hier in der Einsamkeit angesiedelt. Der kleinere See daneben ist stark schwefelhaltig, wie man auch deutlich riechen kann. Er birgt eine heiße Quelle, was sogar mich zum Baden einlädt. Im großen See ist es schwierig, ins tiefere Wasser zu kommen, da man bei jedem Schritt im schlammigen Untergrund versinkt.
Ein Trupp Geländewagen hat sich nach einigen Dünenfahrten gegenüber niedergelassen. Ihre eifrigen Gespräche dringen bis zu uns über den See. Auch singen sie. Die Stimmen verstummen nur, wenn sie beten. 1 weiterer Trupp ist unterwegs, wird aber deutlich vor Sonnenuntergang wegen der Mücken den See verlassen, erfahren wir, als sie auf dem Weg bei uns Halt machen. Wir bekommen gekühlte Limonaden, Wasser und Datteln geschenkt. Der elektronische Weihraucherhitzer und seine Anwendung am Mann werden uns ebenfalls vorgeführt. Auch eine Ziege ist auf der Ladung, die wahrscheinlich noch im Rahmen des Ausfluges geschlachtet wird.
Tagsüber sitzen wir bevorzugt im Schatten – in der Sonne ist es heiß bei annähernder Windstille. Abends nach der Dämmerung, sobald die Mücken verschwunden sind, sitzen wir noch gerne vor den Fahrzeugen. Es ist schon dunkel, als – barfuß im Sand – mich etwas in den Zehen beißt. Auch Jürgen huscht etwas über die Füße. Im ersten Schreck dachte ich noch an die erwähnten Spinnen oder Skorpione. Im Lichterkegel entdecken wir dann die Herumstreuner: Mäuse mit weiß-beigem Fell und riesigen Knopfaugen. Es sind gleich mehrere unterwegs.
Nach einem Tag Pause machen auch wir uns davon. Angeraten wäre, dieselbe Strecke zurück zu nehmen, da im weiteren Verlauf die Piste in ein Sperrgebiet führt und die Befahrung verboten ist. Einheimische müssten mit hohen Strafen rechnen. Die Hinweisschilder sind in Arabisch und Englisch verfasst. Wir entscheiden uns trotzdem für die Weiterfahrt auch über das Verbot hinaus. Der Vorteil der direkten und kürzeren Route zum Grenzübergang in den Oman ist deutlich verlockender als die Rückfahrt über 3-4 Tage. Auch hier verläuft noch die planierte Piste. Wir kommen gut voran. An einer Stelle müssen wir eine Sperrung umfahren. Leider führt auch dieser Weg an einem Punkt zu einem aufgeschobenen durchgehenden Kiesdamm, der zwar wahrscheinlich zu überwinden wäre, doch liegt der Militärflughafen direkt dahinter und wir möchten dieser Konfrontation aus dem Wege gehen. Wir versuchen, einen Weg zu einer Parallelpiste über die Ebene und im weiteren Verlauf über kleine Dünenausläufer. Hier scheitern wir nach kurzer Fahrt. Ein Durchkommen ist unmöglich. Wir fahren das kleine Stück zurück zur ersten Sperrung und sehen eine Möglichkeit der Überquerung, die auch andere schon genommen haben. Die Freude ist nur von kurzer Dauer.
Ein ausrangiertes Tankfahrzeug steht am Pistenrand dem Verfall ausgesetzt und zieht unsere Aufmerksamkeit auf sich.
Schon stehen wir erneut vor einem Sandwall. Jürgen probt das Überfahren in mehreren Anläufen und trägt auch schon die obere Kante des Walls ab. Christian findet am Übergang zur Düne eine Stelle aus Sand. Auch hier proben wir in mehreren Anläufen die Überquerung. Viel fehlt nicht mehr, doch dann sitzen wir komplett am höchsten Punkt auf. Schaufeln, Luft ablassen und Sandbleche auslegen. Dann schaffen wir es. Für Christian ist es nun auch relativ einfach. Noch eine Sperrung liegt vor uns, vor der wir aber kurz davor abbiegen müssen. Wir haben Glück. Über weitere Sandpisten gelangen wir irgendwann auf Asphalt – der Militärstraße, die nach der Hälfte direkt auf der Saudi-/Omangrenze verläuft. Mittlerweile wird es schon dunkel.
Vor uns taucht ein Lichtermeer auf. Das muss der Grenzübergang sein. Davor noch ein Checkpoint. Es dauert verhältnismäßig lange, unsere Pässe zu kontrollieren. Und mehr und mehr Militärs gesellen sich dazu. Das erklärt sich dann schließlich, als wir aufgefordert werden, dem Militärfahrzeug in die Militärstation zu folgen. Sie wollen wissen, wie und wo wir auf die Militärstraße gelangt sind. Die Männer werden dazu verhört. Wir verstehen, dass sie unsere Forschheit nicht so einfach hinnehmen können. An der akurat angelegten Station müssen wir kurz warten, bis der dort Verantwortliche vom Beten zurück ist, der uns sodann in einen Bungalow führt. Das Innere ist einem Beduinenzelt nachempfunden auf etwa 100 Quadratmetern. An der Wand entlang Sitzmöglichkeiten, an denen wir Platz nehmen sollen, im Eck am Boden eine kleine Teeküche. Im Raum läuft der Fernseher und die Aircondition auf Hochtouren. Während des Wartens werden wir von 2 Boys bedient, alsdann 2 Militärs dazukommen, die es sich auch bequem machen. Noch sind wir im Unklaren, ob und was in der Zwischenzeit bezüglich unseres Verstoßes beschlossen wird. Zirka 10 Runden Tee, Kaffee, Wasser, Limonaden, Datteln und Obst dauert es, bis wir den Männern auf die Straße folgen sollen. Die Überraschung ist groß, als wir hören, dass wir fahren dürften. Zuvor noch etliche Fotos mit uns und unterschiedlichen Militärs vor unseren Fahrzeugen. Wir können es gar nicht glauben. Zumindest hätten wir mit einer Verwarnung gerechnet. Eine Eskorte bringt uns vom Gelände zur Tankstelle, versorgt uns auf Wunsch von Jürgen noch mit Brot und begleitet uns noch zu einem möglichen Schlafplatz, zirka 10 Kilometer von der Station entfernt und eskortiert uns zu einem Schlafplatz vor einer Moschee auf dem Gelände der Grenze, nachdem der von uns gewählte Platz ironischerweise ebenfalls mit einem Verbot versehen war.