Am nächsten Morgen machen wir uns an den Grenzübertritt. Die Grenzanlagen wirken recht neu und konsequent geplant. Der Austritt aus Saudi ist verhältnismäßig unspektakulär, da wir für das Fahrzeug in Saudi kein Carnet zu hinterlegen hatten. Für den Oman haben wir ja bereits online das Visum beantragt, was am Schalter schnell umgesetzt werden kann. Als wir eine Station weiterziehen, werden wir auf die nötige Versicherung für das Fahrzeug hingewiesen. Nun müssen wir auf umständliche Weise wieder zurück zu dem zuständigen Gebäude fahren. In dem Raum, in dem auch Broker für Customs und anderes untergebracht sind, werden wir am Schalter der Dhofar Versicherung bedient. Bis alle Daten hinterlegt sind, dauert es schon eine Weile, der Mitarbeiter wirkt nicht besonders motiviert. Dann zurück zur Grenzstation. Dort können wir mit Versicherung an den Schalter für das Carnet. In schöner und ordentlicher Umgebung warten wir eine kleine Ewigkeit, bis das Carnet vom Beamten registriert ist und ein Stempel gefunden wurde. Sodann dürfen wir endlich fahren.
Wir werden den Oman vom Süden her aufrollen. Unsere erste Unternehmung führt zu den Sterndünen im omanischen Teil der Rub‘ Al Khali – der größten Sandwüste der Welt, die wir ja schon auf der saudischen Seite befahren haben. Dazu geht es grob Richtung Salalah. Die Strecke bis zum Einstieg sind allein schon über 700 Kilometer. Den ersten Übernachtungsplatz haben wir zufällig in der Nachbarschaft einer Nomadenhütte mit Kamelen daneben. Nach mittlerweile langer Reise in durchgehend weiter trister Landschaft fahren wir kurzentschlossen für eine kleine Abwechslung durch die Kalksteinfelsen vom Asphalt ab. Christian und Jürgen sammeln Holz für unser Lagerfeuer am schönen Übernachtungsplatz in einer Kalksteinfelsengasse.
Am nächsten Tag erreichen wir Muqshin unfern des Einstiegs auf unseren Track. Wir tanken Wasser an einer Moschee und Treibstoff auf. Vorher waren wir noch in Haima zum Geldwechseln, Einkaufen und Mittagessen. Heute ist Heilig Abend. Monika und Christian haben uns zu einem gemeinsamen Dinner eingeladen. So sitzen wir an einer Oase auf dem Parkplatz, hören Weihnachtsmusik zu köstlicher Pasta Carbonata.
Nun ist es soweit. Der Einstieg in den Track ist nicht zu finden. Er wurde wohl zwischenzeitlich umgeräumt. Wir finden uns eine neue Strecke. Der Sand fuchst uns ganz schön. Nicht nur einmal wechseln wir der Landschaft von Ebenen und Dünen angepasst den Luftdruck der Reifen rauf und runter. Trotzdem fahren wir uns mehrmals fest und müssen die Reifen freischaufeln. In besonders hinterhältigem Untergrund kommen die Sandbleche zum Einsatz. Bis 1600 Uhr haben wir 60 Kilometer geschafft – wer hätte sich das gedacht. An einem schönen Platz mit einer Ghaf-Baumgruppe lassen wir den Tag bei einem Lagerfeuer ausklingen.
Am nächsten Tag starten wir um 0700 Uhr. Wir haben vor dem Start den Reifendruck wieder von 1,5 auf 3,0 bar erhöht, was aber nicht lange währt. Der Weichsand zwingt uns erneut in die Knie. So geht es den ganzen Tag. Bei dieser Frequenz des Reifendruckwechsels beherrsche ich mittlerweile auch schon das Luftablassen der Reifen, ohne auch nur einmal ein Ventil ‚verschossen‘ zu haben. Auch Schaufeln und Sandbleche kommen wieder zum Einsatz. Da helfen selbst Jürgens schnelle Manöver nichts. An einem Punkt führt der Track in eine Sackgasse. Christian und Jürgen laufen die Dünen ab, um eine Fahrt zu finden. Schließlich klappt es. Das letzte Mal an diesem Tag fahren wir uns auch noch am Übernachtungsplatz fest. Nun wird für den letzten Meter für die kleine Aussicht auf die Ebene erneut auf 1,5 bar abgelassen. Obwohl die Prognose heute Morgen schlecht ausgesehen hat, haben wir heute wie gestern 60 Kilometer geschafft. Wir haben absolutes Glück, dass wir Monika und Christian mit ihrem MAN getroffen haben. Jeder braucht ein zweites Fahrzeug für diese Tour und zufällig sind wir mobilisiert auch noch ähnlich stark. Christian hat noch ein paar Schnickschnacks mehr. So wünscht sich Jürgen jetzt ein halbautomatisches Reifendrucksystem, was ich voll untersützen würde, und ich hätte gerne eine Waschmaschine. Wir sind ein tolles Team und haben auch noch ähnliche Interessen.
Dieser Tag hat noch mehr Überraschungen parat als uns lieb ist. Schaufeln und Sandbleche und Luftdruck – so geht es gefühlt den ganzen Tag durch Sand und Ebenen. Nach dem Schaufeln ist vor dem Schaufeln. Mehrmals muss aufwändig eine neue Route in den Dünen ausgekundschaftet werden. Im letzten Anstieg merkt man noch gar nicht, wo die Reise hingeht. Das Auto schraubt sich brav die Düne hoch. Der Reifendruck ist auf 1,0 bar. Unser einmaliger Rekord. Oben angekommen, hängen beide Fahrzeuge kurz vor Ziel. Der Sand ist mittlerweile stark aufgeheizt, was dem Feinsand noch seine weitere Tücke verleiht. Mit der letzten Motivation bringen wir die Fahrzeuge an die Dünenkante hoch über der Ebene. Nur die Düne gegenüber ist höher. Wir stehen auf 40-50 Meter Höhe mit herrlichem Ausblick. (Auf den Fotos sieht man uns als kleine weiße Punkte in der Düne.) Schöner könnte der Platz nicht sein. Und schließlich zieht auch noch der Vollmond dramatisch auf. Tatsächlich ist die Wüste in Saudi anders als hier im Oman. Allein schon farblich unterscheiden sie sich deutlich und auch die Dünenform hat sich geändert, wenn ich auch noch immer nicht definieren könnte, wie eine Sterndüne auszusehen hat.
Christian und Jürgen sind gestern noch die Dünen abgelaufen, um eine Abfahrt für heute zu finden. Es hat sich bewährt, um 0700 Uhr loszufahren. Tagsüber wird es sehr heiß. Bevor es losgeht, erhöhen wir den Reifendruck auf 1,8 bar. Von oben sieht es spektakulärer aus, als dann tatsächlich bei der Abfahrt. Jürgen hat sich die Route eingeprägt und fährt sie meisterlich. An zwei Stellen ist das Gefälle so steil, dass man erst kurz vor dem Boden sich wieder aufrichtet. Auch Christian meistert die Abfahrt gut. Den Reifendruck behalten wir nun bei und kommen überall auch gut durch. Erst ab der Piste gehen wir auf 4 bar.
Als Abschluss der Tour übernachten wir heute etwa 5 Kilometer ab von der Piste am Arabian Sand Camp. Nach Rücksprache mit dem Manager können wir hier gerne parken und die Anlage inklusive Dusche kostenfrei benutzen. Einer der Boys bringt uns gerade noch einmal Shai vorbei. Später erhalten wir noch Abendessen mit Salat, einem Stapel Brot, Linsen-Dal und Chicken. Zum Tagesstart gibt es Shai und qahwa. Am nächsten Tag führt uns der Track zu unserer Überraschung nochmal ins Gelände. Überwiegend Fahrt in der Ebene mit sandigen Passagen. Zurück auf der Piste zwingen uns die Schlaglöcher, weiterhin angepasst langsam zu fahren. Nach all dem Sand wundert einen das saftige Grün im Feld am Straßenrand. Wie die Drohnenaufnahme zeigt, handelt es sich hier um eine der vielen Bewässerungsprojekte, die kreisrund das Wasser abgeben. Ende des Tracks ist in Shisr und zugleich die Ausgrabungsstätte von Ubar, wo es weiter auf wohltuenden Asphalt geht. Am Ende der Strecke sind wir insgesamt 371 Kilometer gefahren. Eine Mammuttour. Wir nehmen Kurs auf Salalah. 30 Kilometer vor Salalah übernachten wir ab der Straße an einem Canyon an den Ausläufern des schönen Dhofar Gebirges, das sich quer über den Süden zieht.