Prora hat mich voll im Bann. Hatte vllt noch den Kaiserstuhl im Visier. Wer kennt nicht das Gemälde des Kreidefelsens von Caspar David Friedrich. Er ist in Greifswald geboren, unweit von der Insel. Heimvorteil.
Kurzentschlossen fahre ich erneut Prora an. Nach meinem gestrigen nicht befriedigenden Erlebnis möchte ich Prora endgültig verstanden wissen.
Ich muss mit meinem Auto wieder bis fast ans andere Ende von Prora. In manche Abschnitte darf gar niemand überhaupt nicht einfahren. Und die meisten Parkplätze sind für Wohnmobile tabu, wie Hinweisschilder eindringlich DROHEN. Ich gebe mich geschlagen.
Entschlossen, packe ich mein Rad vom Auto. Es ist schönes Wetter. Zwei Blocks weiter ist die Dokumentation zu Prora, KdF und der perfiden Manipulation eines Volkes. Einfach und doch so komplex. Dieses System.
KdF bedeutet Kraft durch Freude. In diesem gesamten Umfeld ging es darum, die Menschen in ihrem Arbeitsumfeld, ihrer Freizeit zu bedienen, um das Meistmögliche aus ihrer Existenz generieren zu können. KdF war eine Unterorganisation von DAF, der Deutschen Arbeitsfront, und damals bereits mit Blick auf den bevorstehenden Krieg.
20.000 Menschen sollten hier gleichzeitig Urlaub machen. Das „KdF-Bad der Zwanzigtausend“ ist nicht nur ein baugeschichtlich interessantes Beispiel für den Gebrauch der Architektur der Moderne im Nationalsozialismus, sondern auch ein sozialgeschichtlich wichtiges Zeugnis für das Bemühen des NS-Regimes, die Arbeiter, deren Parteien und Organisationen 1933 zerschlagen worden waren, zu befrieden und für die Kriegs-, Lebensraum- und Rassenpolitik zu gewinnen. Die „Nerven des Volkes“ sollten für den nächsten Krieg gestärkt werden, so wurde ein angebliches Zitat Hitlers in der Propaganda überraschend deutlich verbreitet.
Quelle: proradok.de
Mit dem Radl geht es weiter zu den KdF-Blöcken. Nun wird es schon deutlicher. Von dort aus hat man nämlich einen besseren Blick als gestern. Ein Grossteil ist derzeit in Renovierung. Wohnungen werden noch zum Kauf angeboten. Schön in Weiss mit Balkonen, einzelne, doch wenige Teile von Blöcken wie auch schon gestern noch im Begriff des Verfalls.
Auf der Rückseite, der Ostsee abgeneigten Seite, dann noch die Kammzähne bis zum Anfang abgefahren. Edle Hotels und Appartements. Die Strasse ist verkehrsberuhigt und auch in der Zufahrt beschränkt, wie man es ja auch von der Hauptstrasse aus erfahren kann. Am Spätnachmittag treibt es mich dann doch noch weiter nördlich. Vllt ja doch noch die Kreidefelsen …