Ich verschlafe natürlich heute. Eigentlich hätte ich mir gut vorstellen können, die 06:00 Uhr Andacht im Freien aus nicht-religiösen Gründen anzusehen. Ich habe fast 12 Stunden geschlafen. Schön laaangsam mache ich mich nach einem laaangen Kaffee auf. Über 8 Kilometer geht es nochmal hoch auf über 900 Meter. Von meinem Parkplatz aus kann man einen kleinen weissen Fleck entdecken.
Nach etlichen Windungen und Ausweichmanövern kommt man an eine Station der unteren und kleinen Monastery. Man kann sich hier schon einmal mit allen möglichen Devotionalien eindecken, falls man will. Will ich nicht. Dann springt mir ein dürres Männchen fast direkt vor das Auto und gestikuliert. Ich denke, er möchte per Anhalter fahren. Generell soll man in diesen Ländern keine Anhalter mitnehmen, weil man im ungünstigsten Fall als Schleuser fungiert. Mit meinem Anhalter hier mache ich mir dazu keine Sorgen.
Ich deute an, er solle schnell warten und fahre das Auto in eine bessere Position. Er plappert auf mich ein. Er hat es mit dem Rücken. Ich deute an, ich müsse erst meinen Beifahrersitz für ihn frei machen, das SUP fährt ja da mit. Dabei sieht er die Rückbank und möchte dort mitfahren. Ich möchte das aber nicht. Bei meinem Fahrstil möchte ich ihn sicher verstaut wissen. So räumen wir dann gemeinsam alles nach hinten. Einsteigen ist nicht einfach. Ja, er hat es mit dem Rücken. (Ich brauche dringend eine Beifahrereinstiegshilfe! J hat zu recht Bedenken bezüglich er A-Säule, sonst wär sie schon drin.) Ich schnalle ihn an, das scheint ihm auch neu. Ja, er hat es mit dem Rücken. Und los geht’s.
Schon nach kurzer Fahrt, meint er, ich wäre „professionale“. Von meinen Haarnadelmanövern ist er besonders begeistert. Ich erkläre ihm, dass ich aus Deutschland käme. Ja, Merkel fände er „dobro“. Man rechnet ja eher mit FC Bayern, Oktoberfest oder Schumacher, Rummenigge. Tapfer hält er durch und plappert nur so vor sich hin. Dann gelangen wir an eine Schranke, die auch bewacht wird. Der Officer will uns nicht nach oben passieren lassen. Ich deute meinem Beifahrer an, er solle mit ihm sprechen. Ja, er hat es mit dem Rücken. Nix, wir sollen auf den Besucherparkplatz, dann greife ich ein. Geht doch – die Schranke öffnet sich. Ich liefere meinen Freund oben ab. Allen Herumstehenden erklärt er, ich wäre eine „professionale“ und er hätte es mit dem Rücken. Er meint, ich solle einfach oben parken und nicht wieder runterfahren. Doch ich finde nun keinen Parkplatz mehr und fahre runter.
Das hat zur Folge, dass ich nun die 100 Höhenmeter selbst zurücklegen muss.
Ostrog ist sehr heilig. Das Kloster ist eines der bedeutendsten serbisch-orthodoxen Pilgerstätten. Ostrog wurde von Vasilje Jovanovic – ein von Gott Gesandter – zusammen mit 30 anderen Mönchen 1665 in den Fels gebaut.
Pilger aus der ganzen Welt kommen angereist. Heute ist Sonntag, ganz ex-Jugoslawien ist versammelt. MNE hat sogar das europäische Kennzeichen, allerdings ohne gelben Sternenkranz im blauen Feld. SRB auch. In Kroatien fuhren noch viele, wenn nicht sogar die Mehrheit, mit altem Kennzeichen. Wahrscheinlich sind die Fahrzeuge auch älter. Bei den MNE-Kennzeichen denke ich immer, es wären deutsche Kennzeichen. Wenn die nicht mal die alten Prägebuchstaben von Deutschland gekauft haben …
Es darf nicht fotografiert werden. Und Drohnen darf man auch nicht steigen lassen. Rauchen auch nicht und man muss sich ordentlich bekleiden.
Ich reihe mich in die Warteschlange. Man passiert einen düsteren Vorraum einer winzigen Kapelle, dann den zweiten, in der ein Mönch auf dem Sarg von Vasilje, dem Begründer des Ortes, sitzt, dem man glaube ich die Hände küsst. An der Stelle fädele ich aus und wende. In einem grossen hellen Raum weiter im Gebäude sind viele Menschen damit beschäftigt Zettel auszufüllen, so eine Art Fürbitten. Ich besuche noch die restlichen Räume bis hinauf zur obersten Gallerie mit wunderschönem Ausblick und schönen Mosaiken und mache mich auf die Rückreise.
Einen Hund habe ich auch schon wieder. Hier gibt es verhältnismässig viele streunende Hunde. Weniger Katzen, wie in Kroatien. Die Katzen in Kroatien haben die Parkplätze gut unter sich aufgeteilt. Pro Parkplatz gab es immer nur eine Streunerkatze.
Ich gehe noch essen und arbeite an meiner Strategie. Radler gibt es nun keines mehr, wie in Slowenien und Kroatien. Dafür gutes Fleisch mit Pommes für 8 EUR. Und eine Flasche giftrotes „Vitamin C“ für 10 EUR – ich habe mich mal wieder beschwätzen lassen. Der Zucker darin wird mich sicher umbringen.
Mir hätte es gefallen, noch zur Tara-Schlucht zu fahren. Doch das ist weit ab im Nordosten. So fahre ich wieder in die Bucht von Pisan mit Plan für Bucht von Kotor.
Ich fahre so im Fluss mit den anderen auf der – ich glaube – 3 a der Scenic View Strasse und ??? Polizeikontrolle!!! Diesmal hat mich niemand gewarnt. Kelle! Natürlich winkt er mich raus – natürlich! Blinker rechts. Motor aus. Noch bevor ich den 1. Gang einlege, setze ich mein freundlichstes Gesicht auf, das ich noch anbieten kann. „Dobre dan, Sir!“ Handbremse rein. Warnblinkanlage. Abschnallen. Noch bevor ich aussteigen kann, ist er am offenen Fenster. Warum ich immer aussteigen will, ist mir unklar. Ich bin in meinem Fahrerhaus in deutlich besserer Position. „Radar!“ und deutet auf seinen Kollegen im Auto auf dem Fahrersitz mit Radarpistole im Ansatz. „How much/many?“ Er zeigt mir 9 Finger. Diese Information bringt mir eigentlich gar nichts. Reine Konversation. Ich weiss ja gar nicht einmal, wieviel erlaubt war. Frage aber zur Sicherheit nicht. „And now?“ Pause. Er fragt, ob er sich hinten umsehen kann. (WHY?.) „Sure, Sir.“ Klack – auch für ihn hörbar. „Everything is unlocked now, Sir!“ (Feel yourself at home, Sir!) Er überlegt, zögert. Dann deutet mir seine Kelle an, dass ich weiterfahren soll. „Thank you very much.“ Sir.
“And, by the way: the drugs are in the glove locker. And the two missing immigrants from Croatia are still in the fridge.” Just in case.
Danach fahre ich korrekt die angegebenen Geschwindigkeitsbegrenzungen unabhängig vom Verkehrsfluss. Und bäng, ein paar Kilometer weiter stehen die nächsten. Diesmal gilt die Kelle nicht mir. So tuckere ich eben als Verkehrsbehinderung die restlichen Kilometer meiner 100 Kilometer bis Pisan. Sorry, folks. Wenn ich langsamer fahren will, fahre ich schon mal an den zahlreichen Haltebuchten raus. Jetzt bleibe ich stur in der Spur.
Heute reichts.