Gestern Abend habe ich den Stuhl natürlich noch zurück gebracht mit einer Karte, die meine Dankbarkeit ausdrücken sollte.
Während ich gestern ja schon allen erklärt hatte, dass ich am nächsten Tag weiterziehen würde, bin ich blockiert. Ich bekomme die SIM-Karte nicht zum Laufen. Eine englische Beschreibung war nicht zu bekommen – nur die in der Landessprache. Landessprache ist montenegrinisch und je nachdem wo man lebt auch albanisch, bosnisch, kroatisch, serbisch während die Schreibweise wahlweise in lateinisch oder kyrillisch zulässig ist. Technisch kann ich manche Dinge noch übersetzen und kürze das Studium aber ab und wähle über die Kurzwahl die Hotline.
Für Englisch wähle ich die 4. Zuversicht. Danach der freundliche Herr in der Hotline, der von mir die Telefonnummer haben will, mit der ich anrufe. „Can’t you see the number in your display?“ Ich weiss, dass sie angezeigt wird. Zuvor habe ich probeweise schon mit J telefoniert. Er will sie aber von mir wissen. Patt-Situation. Er resigniert. Danach darf ich ihm mein Anliegen schildern und schon bekomme ich eine englische Anleitung per SMS. Yeah! Und die APN-Kuh fliegt. Die WhatsAppen laufen nur so rein.
Darunter auch zwei, die mir anzeigen, dass Post aus Österreich eingetrudelt ist, mit dem Strafzettel. Die machen es aber spannend. Eigentlich will ich nur wissen, wann ich meinen Schein abgeben muss. Auch hier habe ich keine Ahnung, was erlaubt war und ich gefahren bin. Mittlerweile habe ich auch das untrügliche Gefühl, dass alles nur eine Frage der Zeit ist.
Login zu WordPress funktioniert nicht. Http 503 Service unavailable. Ich schreibe schon fleissig offline. Driving nuts. Erst zwei Tage später verstehe ich das Problem: mein Hosting blockiert den Login aus nicht-europäischen Ländern. Workaround ist ein VPN-Client. Yeah! Ich bin ja so K-L-U-H-K!
Der Tag ist nicht besonders schön. Die meiste Zeit sitze ich im Einstieg mit dem Rechner auf den Beinen. Irgendwann ziehe ich ins Innere um. Türen geschlossen. Wetter wechselt. Dann Türen offen. Ich lade Filme herunter. Sichere meine Daten in der cloud. Das dauert. Vor allem bis ich feststelle, dass die Verbindung bevorzugt auf 2G läuft. LTE, please! Dann höre ich meinen Namen. Ich glaube noch nicht daran. Dann sehe ich vorsorglich doch nach.
Goran kommt mir entgegen. Er freut sich, mich doch nochmal zu treffen. Ich hatte sein Motorrad gar nicht gesehen. Wenn er Nachtschicht hätte, würde er mit dem Auto fahren. Er könnte mich auf einen grünen Tee einladen. Sehr gerne. Ich hole noch schnell meine Schuhe. Mache das Auto noch dicht und besuche ihn in dem Wohnanhänger, den der deutsche Arbeitgeber zur Verfügung gestellt hat.
Regelmässig fahren hier Lkws durch, die Wasser tanken, um die Haushalte aufgrund der Dürre zu versorgen. Dann fahren noch Soldaten ein und aus. Im hinteren Bereich ist noch ein militärisches Sperrgebiet und aktiv. Goran und seine Kollegen sichern das Gelände davor mit kleineren und grösseren Hangars, in denen bereits Schiffe und Ersatzteile untergebracht sind vor Diebstahl.
Ich mag ihn und seine klare und eindeutige Meinung, „fuck“. Coole Ohrringe. Cooler Ring. Er hat mal scheiss Geld verdient. Electronic Engineer. Er braucht in diesem Leben nichts mehr. 300 T-Shirts, Auto, Bike, Haus, Hund reichen ihm. Period.
Der grüne Tee ist noch kaum fertig, da beginnt bereits das Unwetter. Er freut sich, weil heute genau Herbstanfang wäre – das Unwetter hätte sich keinen besseren Zeitpunkt dafür aussuchen können. Meine Freude darüber hält sich in Grenzen. Ich habe in meinem Leben so etwas noch nicht erlebt. Selbst Goran ist beeindruckt. Zwischendurch habe ich echt Sorge um mein Auto. Es hagelt auch. Das geht über Stunden. Mit schönen Gesprächen. Er war schon überall auf dieser Welt ausser in Neuseeland und Alaska. Covid-19 wäre artificial. Dazu habe ich keine Meinung. Darüber hinaus wohl. Er hätte sich schon einmal überlegt, Deutsch zu lernen. Schliesslich hatte er einmal für Siemens gearbeitet.
Er kümmert sich um Doggy, den Welpen. Doggy interessiert sich nicht im Geringsten für das Gewitter. Da kommt einem ja fast der Verdacht, dass er vllt taub sein könnte. Sogar ich erschrecke zwischendurch. So wahnsinnig laut ist es.Es geht einem aber auch durch Mark und Bein, als würde man vor einem Konzertlautsprecher stehen. Er bringt ihm das Futter, das sein Hund nicht frisst. Hat ihm Teppich-Teile mitgebracht. Sie behandeln ihn sogar mit Entwurmungsmitteln und Desinfektion. Fast auf die Minute genau sagt er den Stromausfall voraus. Goran meint, ich könnte im Bett schlafen, er auf der Bank. Na, ich hab ja schon die Hoffnung, dass das hier noch ein Ende findet. Ich habe kein Vertrauen in die Oberlichten. Ich habe es an der Küstenstrasse ja bereits erlebt. Das Gewitter ist direkt über uns. Irgendwann um kurz vor Mitternacht ist eine kleine Pause und ich husche zu meinem Auto. Dann geht es wieder los. Die ganze Nacht.
Wir sehen uns morgen Früh zum turkish coffee. Würde man wohl so in Montenegro bestellen. Obwohl Türken ja eher nur Tee trinken.
Endlich mal wieder schönen Kaffee.
Sabo kommt.
Goran fährt.
Ich fahre.