Früh schon geht es wieder los. Um 7 sind wir schon wieder auf der Straße. Wir fahren nach Esfahan, das etwa in 400-500 Kilometer Entfernung liegt. Es geht durch und über die Berge. Die Strecke zählt zu unserer schönsten Route durch das Land bisher mit seinen unterschiedlichen Strukturen. Auch geht es auf bis zu 2.700 Meter. Obwohl wir 9 Stunden nahezu durchfahren, schaffen wir es an diesem Tag nicht mehr bis Esfahan. Für den nächsten Tag bleiben noch etwa 130 Kilometer zu fahren.
Gegen Mittag haben wir uns durch das Gewühl an Autos der beachtlichen 2,2 Millionenstadt gemacht und müssen feststellen, dass der brillante Parkplatz von Jürgen von vor 10 Jahren nicht mehr existiert. Über Taxifahrer finden wir zu einer neuen Bleibe. Hierbei handelt es sich wildromantisch um einen Schrottplatz mitten in der Stadt mit Werkstätten an allen 3 Gebäudeseiten. Der Halsabschneider von Besitzer verlangt von uns 250 Toman, was 5 Euro entspricht und lässt sich auch nicht runterhandeln. So bleiben wir zähneknirschend zu diesem Preis.
Wir starten gleich an den Naqsh-e Jahan Square, auch Shah oder Imam Square – einer der größten Stadtplätze der Welt. Ein Taxifahrer setzt uns ab und wir flanieren über eine breite und lange Promenade bis zum Imam Square. Erbaut wurde der Platz von 1598-1629. In den flachen Gebäuden, die den Platz säumen, sind Geschäfte angesiedelt. In der Mitte wäre ein Springbrunnen, die Wege sind zwischen schönen Anlagen gelegen. Ich besuche die Sheikh Lotf Allah Mosque, die ihrerseits wieder die ‘most beautiful mosque’ sein soll. (Dieses Land ist voll mit Superlativen. Wie viele andere Länder auch.) Sie ist wirklich schön. Das Braun und das Blau der Fliesen sollen die Erde mit dem Himmel verbinden.
Ansonsten gibt es am Platz noch den eher unüblichen Ali Qapu Palast und die Shah Mosque. Besucht haben wir noch den Isfahan Grand Bazaar. Hier begrüßt mich direkt am Eingang schon eine gewaltige Auswahl an ‘Tabriz’-Ringen. Diese Auswahl überfordert mich und ich bin schon fast dabei, aufzugeben. Nach dem Anprobieren einiger Exemplare, frage ich nach handgearbeiteten Ringen. Und siehe da: er präsentiert mir mehrere Dutzend Rohlinge aus Silber noch ohne Stein. Dazu probieren wir unterschiedliche Farben. Zum Schluss kann ich mich für einen Ring mit echtem Türkis begeistern. Wir trinken noch Tee im Innenhof und nach 20 Minuten nehme ich den angepassten Ring in Empfang. Sehr schön.
Nach einiger Zeit Aufenthalt auf dem Platz fahren wir weiter zur Si-o-se Pol-Brücke, der bekanntesten Brücke Esfahans. Sie ist ein zweigeschoßiges Viadukt und umfasst 33 Bögen. In diesem Jahr haben wir Glück, und der Zayandeh Rud-Fluss führt Wasser, was nicht immer der Fall ist. Leider steht die Sonne am Nachmittag ungünstig im Gegenlicht für Fotoaufnahmen und wir warten am Ufer, wie unzählige Passanten ebenfalls. Gegen 17 Uhr wird die Brücke illuminiert. Bis dahin rauche ich noch eine Shisha, Wasserpfeife. Im Anschluss geht es nach hoffnungsvollen Fotoaufnahmen auch wieder zurück zu unserem lauschigen Schrottplatz, wo wir den Rest des Abends mit Fotobearbeitung verbringen.
Wir warten noch auf die Rückmeldung von Hesam, einem Freund Jürgens aus Esfahan. Wie sich herausstellt, hat er für das islamische Wochenende von Donnerstag bis Freitag einen Gleitschirmkurs in der Wüste zu leiten. Kurzentschlossen machen wir uns die knapp 200 Kilometer auf, um ihn am Parig Eco Camp zu treffen. Angemeldet sind insgesamt zirka 20 Personen, darunter die Schüler mit Begleitung und Freunden. Eine bunte Truppe. Von Militär, Webdesigner über Modedesigner bis zum Arzt ist alles vertreten. Ich hatte ein reines Trainingscamp erwartet, doch weit gefehlt. Am Spätnachmittag nach den letzten Trainingsflügen verwandelt sich das Camp in eine ausgelassene Gesellschaft mit lautstarker Musik aus den Lautsprechern, Feuer wird gemacht, in der Glut wird Tee gekocht, Tüten mit Obst und Nüssen gehen reihum, auch an Witz fehlt es ihnen anscheinend nicht, dann spielen sie in der Runde ‘Mafia’, soviel verstehen wir. In der Zwischenzeit ist schon jemand daran, das Abendessen über der Glut und am Tisch vorzubereiten. Es gibt Falafel mit Wurstgeschnetzeltem, das in Baguette-Brot mit allerlei Zutaten gegessen wird. Danach, es ist bereits 21 Uhr, löst sich die Truppe auf und fährt zu ihren Unterkünften. Mit dem Wind ist es sehr frisch geworden.
Am nächsten Morgen geht es so los, wie es aufgehört hat: gepicknicktes Frühstück mit allerlei Angeboten. Die Piloten machen sich auf den Weg auf die zwei unterschiedlich hohen Dünen, von denen sie ihre Trainingsflüge absolvieren. Auch ich habe vor über 30 Jahren die Grundausbildung absolviert, allerdings auf einem grünen Hügel. Der Aufstieg im Sand muss bei weitem anstrengender sein. Manchmal fährt ein Pickup die Piloten auch zum höchstmöglichen Punkt. Einmal darf ich mitfahren. Das Englisch des Fahrers – ein netter Kerl – beschränkt sich auf “don’t worry”. Was er immer zum Ausdruck bringt, wenn es knifflig wird. Nur einmal wird mir bei unserer Extrarunde mulmig, als wir in Schräglage seitlich abdriften und der Sand nur so um uns wirbelt.
Wir sind nicht allein an diesem Ort: gelangweilte Großstädter fahren mit ihren Allradfahrzeugen hierher, um in den Dünen Spaß zu haben. Zahlreiche Familien picknicken neben ihren Autos. Eine ganze Truppe an Menschen wandert auf die Dünen. Von überall her klingt Musik.
Am Nachmittag nach den letzten Flügen für den Tag (Thermik) baut sich das Camp wieder in voller Aktivität auf. Ein Schattenplatz zwischen den Autos wird eingerichtet mit Auslegware auf dem Boden, an dem Platz, an dem später gegessen wird. Ein Grill wird im Sand installiert. Ein paar andere Leute bestücken die Spieße mit Hühnchen, das später in Fladenbrot gereicht wird. Kaum zu glauben, wieviel Aufwand mit Selbstverständlichkeit umgesetzt wird. An alles wurde gedacht. Und Jürgen und ich sind immer mittendrin in ihrer unglaublichen Gastfreundschaft. Dieser Tag endet mit Einbruch der Dunkelheit. Abschiedsszenen ziehen sich. Telefonnummern werden ausgetauscht. Man will in Kontakt bleiben, spätestens, wenn wir wieder im Iran weilen. Ich bekomme sogar noch ein modisches Kopftuch geschenkt. Ein fabelhaftes Wochenende mit herrlichen Menschen geht zuende.
Hesam hat uns noch zugesagt, uns zu Diesel zu verhelfen. Diesmal könnten wir 150 Liter gut vertragen. Dazu fahren wir in den Ort Varzaneh hinter uns. Was wir kaum zu glauben hofften, wie auch immer, sie haben es geschafft, dass wir nun mit vollem Tank wieder durchstarten können. Den Preis dafür (zirka 1 Euro) übernimmt wie selbstverständlich Hesam. Danach wortvoller Abschied. Wir essen noch im Ort und fahren entgegengesetzt wieder etwas außerhalb, um dort an dem Hammam, der kein Hammam ist, zu übernachten. Damit endet unsere Tour durch den Iran und wir fahren nun Richtung Grenze, zirka 700 Kilometer. Unser Visum läuft bald aus.