Jetzt geht es wieder auf Strecke. Auch teilweise quer durch das schöne Zagros-Gebirge. 700 Kilometer liegen bis Abadan an der irakischen Grenze vor uns.
Am ersten Tag schaffen wir knapp 300 Kilometer. Die Strecke bietet Autobahn in Abwechslung mit einspurigen Straßen, die auch durch Ortschaften führen. Wir sehen Karawansereien und landwirtschaftlich genutzte Flächen in Terassen. Wir übernachten an einem großen Platz, am Rande einer Ortschaft, abseits der Straße und schon schießen 2 Gestalten auf uns zu. Beide eint dieselbe Motivation. Sie betteln um Geld. Es ist das erste Mal, dass wir so konkret damit konfrontiert werden, außer vielleicht mal ein armes Mütterlein, das still ihre Hand uns entgegenstreckt. Die beiden jedoch geben vor, hungrig zu sein und wollen Dollars sehen. So schnell zücken wir nicht die Geldbörse und Jürgen lädt beide aktiv zum Essen nebenan ein – eigentlich das, was sie doch wollten, oder!? Nur einer zieht mit. Der zweite blockiert. Nun gesellt sich noch ein weiterer, deutlich bedürftigerer Mann dazu. Während die beiden ersten vorlaut in ihren Lederschuhen vor uns stehen, steht der Letztere demütig in seinen Schlappen und einem schwarzen abgekämpften Trainingsanzug, einem verwitterten dunklen Teint mit verfilzten Haaren und Bart vor uns. Letztendlich verteilen wir an alle jeweils 50-Toman-Scheine (je zirka 1 Euro), was die beiden jedoch nicht so schnell vom Hof bringt. Noch immer lassen sie nicht von ‚Dollars‘ ab. Für weitere Verhandlungen jedoch sind wir nicht mehr bereit.
03.12.2023
Über die Hälfte der Strecke liegt noch vor uns. Nun geht es auch über das Zagros-Gebirge. Die Strecke ist wieder einmal reich an Eindrücken. Unterschiedliche Formationen an Bergen, dazwischen der malerische See Karun, Abfahrt auf eine Ebene. Zwischendurch machen wir noch einen Ausflug in den größeren Ort Bagh Malek, nachdem wir noch etwas Geld wechseln wollen – doch Bank und Juwelier sind ausgerechnet geschlossen. Mal sehen, ob es uns später noch gelingt.
Etwas später essen wir zu Mittag, das Übliche in Restaurants. Der Rechnungsbetrag verblüfft. Auch wenn wir heute deutlich mehr für unser Essen bezahlen mussten, so ist das eher die Seltenheit. Ich möchte fast sagen: zu keiner Zeit wurden wir über den Tisch gezogen. Selbst wenn keine Preise in der Speisekarte angegeben waren, wurde ein üblicher Preis berechnet. Das dreisteste war wirklich nur für die Shisha in Esfahan, für die sie erst mal das 3Fache verlangten und als ich stockte, soufflierte mir eine Passantin, 50 Toman wären genug. Dankeschön. Bei Eintrittsgeldern ist es so, dass wir generell 100 Toman, also 2 Euro bezahlen. Auf den Tickets ist bei uns ‚Foreigner‘ zu lesen, was indiziert, dass Einheimische andere Preise bezahlen, was ich nur unterstützen kann.
Einige hundert Meter weiter gibt es noch Softeis für Jürgen. Ich möchte einen Kaffee trinken (häufig findet sich guter echter Kaffee aus Siebträger-Kaffeemaschinen) und durch die Diskussion, die meine Bestellung auslöst, mischt sich ein Gast ein. Schließlich komme ich zwar nicht zu meinem ‚Americano‘, aber der Gast lässt es sich nicht nehmen, meine Bestellung und das Eis von Jürgen zu bezahlen. Und danach bekommen wir noch einen köstlichen Bananen-Shake von der Geschäftsinhaberin aufs Haus. Dagegen ist man machtlos.
Noch deutlich vor Sonnenuntergang machen wir heute Schluss mit Fahren, als wir einen schönen Platz an einem Fluss zum Übernachten finden. Wir sind nun wieder unter 1.000 Höhenmetern. Es ist noch einmal wärmer als sonst und so sitzen wir windstill noch vor dem Auto bis die Sonne hinter den Bergen verschwindet. Während Bayern gerade im Schnee versinkt, heute in der Heimat der 1. Advent ist und bestimmt schon fleißig Glühwein getrunken wird, hätte ich gerne heute mal zur Abwechslung ein kühles Bier oder einen schönen Sundowner.
Vor uns liegen noch zirka 200 Kilometer bis zum Shadegan Wildlife Refuge. Über die Strecke fahren wir uns bis fast auf Meereshöhe. Wir durchqueren ein Gebiet, in dem zahlreiche dunkle Rauchfahnen der Gastürme von Raffinerien wahrscheinlich aufsteigen. Die Umgebung verschwindet im Dunst. In Bandar-e Emam Khomeini schaffen wir es, Geld zu wechseln und spendieren uns gleich noch ein Mittagessen. Noch vor Einfahrt in das Refuge ist seitlich der Straße das Land mit Wasser durchwirkt. Über eine schnurgerade Autobahn geht es nun in das Refuge. Unser Ziel befindet sich am Ende einer Stichstraße ins Innere. Hier erwartet uns ein Bootshafen an einem Fluss, der in den Persischen Golf mündet, mit unzähligen Booten an Land und ein paar wenigen geschäftigen Bootsführern. Im Wasser sind 3 Schiffe zu sehen. Die Boote steuern – wie wir erfahren – auch Ziele wie Dubai an. Nah an den Booten verbringen wir die Nacht.
Von dem Hafen geht es wie wir gekommen sind wieder zurück bis zur Autobahn.
Die Autobahn endet direkt in Abadan, wo wir noch einkaufen.
Danach geht es in Shalamcha an die Grenze Iran-Irak.