Als ich heute Morgen unterm Auto liege, hätte ein Auto beinahe die andere Hälfte von mir überfahren. Life can be short. Mein Fehler. Ich hätte besser Pylonen aufstellen sollen. Oder ein Owaga ausrufen. Sollen.
Beim Blick unters Auto nach dem anspruchsvollen Gelände fiel schon auf, dass sich etwas abgefetzt hat. Eigentlich hatte ich generell erwartet, dass sich zumindest die Eintrittsstufe abfetzt oder der Auspuff. Von Bodenfreiheit kann bei diesem Auto keine Rede sein.
Bisher hatte ich die Stelle regelmässig kontrolliert und zurückgeschnitten. Nun hält es nicht mehr aus eigener Kraft. Mein Powertape kommt zum Einsatz. Die Verbindung hält nun wieder ein Weilchen.
Egal, heute geht es entgegen Tranzyt-Meinung von gestern doch nach Kraków und in die Wüste, die etwas nordöstlich von Katovice und unweit von Kraków liegt. Kraków 230 Kilometer. Check am Navi, Błędów einhundertirgendwas. Die Entscheidung ist klar. Dass ich an diesem Punkt schon deutlich stutzig hätte werden müssen, klärt sich erst abends auf der Karte, während sich mein Balsamico-Essig in der untersten Küchenschublade entleert. Na, und wer hat’s vorausgesagt?!
Ich muss also nochmal durch Łódź und gefühlt östlich. Ewig links rechts links links rechts rechts durch die ganze Stadt. Auf etwa Hälfte der Strecke sieht man nur noch Apfelplantagen. Grosse A-Bäume, kleine, flache, runde. Apfelbäume in sämtlichen Himmelsrichtungen. In der Region sind auch mehrere Apfel-Verwerter angesiedelt. Kleine Traktoren, grosse Traktoren. Einer der grossen Traktoren spielt seinen Heimvorteil aus und zwingt mich in das Bankett. Freund, man sieht sich meistens zweimal im Leben! Das verstehen die meisten Menschen falsch. Ich weiss, wie es gemeint ist. Und immer schön im Hochnebel. Normale Häuser und Anwesen und Haciendas. Fettes Hotel oder Rathaus. So geht das über Kilometer und Kilometer in den Apfel-Plantagen, bis ich in Błędów lande. Nettes Örtchen, etwas anders, als das was ich bisher gesehen habe. Doch auf Wüste kein Hinweis. Ich kaufe noch mein Gemüse und verschwinde wieder. Das wird ja noch dauern, bis man Kraków erreicht.
In Błędów lerne ich, dass es keinen polnischen Wein gibt, dafür aber polnischen Wodka, den sie hier auch gerne mal trinken. Wie es zu diesen Farbkombis kommt, würde mich mal interessieren.
Nachdem mein Navi konsequent Autobahnen vermeidet, entscheide ich mich eigenmächtig für die S7/E77 Richtung Kraków. Kein Wunder, das Navi kennt die Autobahn nicht, will, dass ich wende. Ich höre gedanklich schon die Falschfahrermeldung im polnischen Radio. “Uwaga! Pozostań na skrajnej prawej krawędzi drogi. Przychodzi do ciebie pojazd.”
Jetzt mag man sich aber nicht vorstellen, dass eine Autobahn von A nach B in einem Rutsch durchgeht, so weit sind wir noch nicht. Zum totalen Kollaps kommt es immer wieder, wenn es eine Panne gibt, einen Unfall oder die Spur auf Landstrasse sich in den Orten wieder auf eine Spur verjüngt. Und schon ist der Schnitt wieder zum Teufel.
Um es kurz zu machen, das Błędów, das ich angefahren bin, war das falsche Błędów und liegt deutlich ungünstig zu meinem ursprünglich angestrebten Kurs. Den Westen, den ich mir aus dem Osten gestern erfahren habe, habe ich heute wieder neutralisiert. Nun bin ich zirka 50 Kilometer vor Kraków und kann mich immer noch entscheiden, ob ich in die Wüste fahre.
Das Navi und ich werden keine Freunde.
P.S. Wie ich höre, schneit es bei uns zuhause bereits bis auf 1000 Meter. Mal sehen, ob die Tatra noch frei ist.
P.P.S. Besonders reizend an meinem Nachtplatz heute ist, dass ich frontal an einem reizenden kleinen See innerhalb einer Ortschaft stehe. Deshalb habe ich heute den Gang eingelegt gelassen und die Handbremse besonders angezogen. Schön ist, dass während ich hier sitze das Gefühl habe, vor einem offenen Kamin zu sitzen, da das Licht gegenüber sich im Wasser warm spiegelt. Camperromantik.
P.P.P.S. Polen: Ein Weinland entdecken
P.P.P.P.S. Heute ist es echt lustig. Im Radio läuft “Last Christmas”. Man glaubt der Ankündigung ja nicht immer gleich, weil das Polnisch-Englisch … putzig ist. Wie mein Hochdeutsch.
Mein Lieblingssender zuhause – es hatte noch 30 Grad mitten in der Nacht – im August – Tom Waitts Silent Night gespielt. What a night!
Danach:
Birgit, komm zu mir nach B.
ruh Dich etwas aus, Heizung funktioniert wieder, habe auch warmes Wasser……. dann sehen wir weiter.
Freue mich.
Vielleicht schaffst Du die Strecke bis heute Abend.
Bussal
Hi, meine Liebe, hab heute gerade einmal 120 Kilometer geschafft, aber wenigstens 376 Höhenmeter – es geht bergauf. Nach B. sind es von hier – ich stehe kurz vor der Greenze zur Slowakei – knapp 400 Kilometer/6 Stunden.
Ich melde mich morgen, wann Du den Glühwein aufsetzen musst.
XX
Habe auch Weihnachtsmusik :-))
wollte Dir Bilder schicken, geht nicht……musst Du bei mir ändern
Das liegt wahrscheinlich am Datenroaming. Deaktivierung ausschalten – dann sollte es auch mit den Bildern funktionieren.