Aus dem Morgen-ist-alles-möglich-Samstag ist nicht viel geworden. Morgens gleich Regen. Und eine grosse Unlust auf einen Kraków-in-einem-Tag-Tag. Zu wichtig ist mir diese Stadt. Die mühevollen Kilometer lassen mich auch von der Wüste ablassen.
Für den Tranzyt durch Kraków habe ich einen halben Tag gebraucht. Luftlinie habe ich 112 Kilometer geschafft. Höhenmeter 376 Meter auf nun 646 Meter. Die Schneeflocken-Verkehrsschilder werden durch Winterketten-Verkehrsschilder verschärft. Heute sollte es eigentlich in der Tatra schneien, dazu bin ich wahrscheinlich noch nicht hoch genug. Zwischenzeitlich hat es am Nachmittag auch schöne 13 Grad.
Von zuhause höre ich, dass die Vögel seit ein paar Tagen so gierig auf das Futter wären, was eindeutig ein Zeichen für Temperatursturz und Wintereinbruch wäre.
Ich frage mich verschiedene Dinge. Eines davon ist, woher dieser Cover-Wahn kommt. Hat es etwa damit zu tun, dass Radiosender die Auflage haben, zu 80 Prozent heimische Musik zu spielen? Ist Covern ein Sport? Ähnlich wie Karaoke?
Wie kommt es zu den Farbkombinationen? Nicht nur auf Häusern. Ich habe letztens eine Milch gekauft mit rot-weiss-grüner Umverpackung. Ich habe Angst. Auf der letzten stand wenigstens MU! in einer blau-weissen Verpackung. Warum mich Blau in Sicherheit wiegt!? Wendet man die rot-weiss-grüne kann man in einigen Sprachen zumindest lesen, dass es sich um Milch handeln sollte … Leche, H-Milch, Lait, حليب, Russisch kann ich nicht. Reicht ja auch.
Mir ist es so scheisslangweilig im Stau in Kraków, dass ich – als ich die Burg Wawel entdecke, kurzentschlossen von der Stadtautobahn entflüchte und über Seitenstrassen einen Parkplatz zu finden versuche. Alles wäre besser als Stau. Altes Kriegsleiden.
Ha. Träum weiter. Dann also wieder zurück auf die Stadtautobahn, die auch diesmal ihren Namen zu recht trägt mit 8 Spuren.
Kurz nach Kraków wird das Land hügelig. Sonst hat man weite Strecken – weites Land, fast wie in einer Heide. Nun bin ich etwa 20 Kilometer zur Grenze zur Slowakei entfernt. Wie hoch wir noch über die Tatra klettern, ist mir nicht bekannt. Ich habe nur gehört, dass auf slowakischer Seite die Autobahn gut ausgebaut sein soll. Wobei ich das eigentlich gar nicht wissen wollte. Mein Fahrstil ist deutlich polnischer als noch eine Woche zuvor. Allerdings werde ich mit diesem Auto nie zur Königin der Landstrasse, wie die polnischen Landsmänner und -frauen. Das fetzt einfach.
Der Baustil der Häuser hier hat sich verändert. Man sieht mehr Naturmaterialien, wie Holz und Stein. Die Vorliebe zu Farben ist aber nach wie vor anzutreffen. Auch Dachziegel findet man in allen Farben, bis hin zu Kobaltblau. Und dazu noch der passende Gartenzaun.
Kurzfristig wird die Tankstelle an der ich gerade tanke von einer Einheit des Militärs eingenommen. Die Trucks sind von Jelcz, einem polnischen Nutzfahrzeughersteller. Bei dem Gesicht dachte ich zuerst an KATs, meinen Lieblingstrucks von MAN. Ach, eigentlich mag ich alles, was es ins Gelände schafft und wieder heraus.
In Orawka am Wegesrand dann noch eine kleine grosse Überraschung: Kościół św. Jana Chrzciciela w Orawce.
Die Pfarrkirche St. Johannes d. Täufers in Orawka, entstand 1650-59. Die Bauarbeiten begannen zu Zeiten des ersten Pfarrers der hiesigen Gemeinde, Jan Szczechowicz. Der Blockbau hat ein Schindeldach. An das Presbyterium wurde 1728 die gemauerte Kapelle der Schmerzhaften Gottesmutter angebaut. Die Kirche ist mit reichen malerischen Dekorationen aus der 2. Hälfte des 17. Jh. und aus dem Jahr 1771 bestückt, bemalt sind sowohl die Wände als auch teilweise die Einrichtung. Die Polychromie setzt sich aus mehreren Bilderfolgen zusammen, zu den schönsten gehören 12 Gemälde mit Szenen aus dem Leben Johannes d. Täufers und aus dem Dekalog. Sehenswert ist der spätbarocke Hauptaltar mit der Pieta und mit figürlichen Darstellungen der Heiligen Adalbert und Stanislaus.
Abgetippt von der Informationstafel in Front der Kirche.
Leider war es schon spät und dämmernd. Das Innere der Kirche war nicht beleuchtet, so konnte ich das gefühlt Grossartige leider nicht ausmachen.
Ich bin hier an einem Platz, der verspricht, einen atemberaubenden Blick auf die Hohe Tatra zu erlauben. Morgen. Heute habe ich bei Bezug nicht mehr viel sehen können.