Erst heute Morgen war ich bereit, mir das Auto genauer anzusehen – gestern wäre es ja auch schon zu dunkel gewesen – nein, ich wollte nicht.
Es scheint aussen am Fahrzeug alles in Ordnung. Die gute Nachricht: vor Schmutz sieht man die Proll-Felgen nicht mehr. Doch: im Bad hat es eine Leiste abgefetzt. Vllt auch Zufall – dass das Auto sich so verwunden hat, wirkt komisch. Und der Teppich vor dem Kühlschrank ist nass. Es kommt auch eindeutig vom Kühlschrank. Erst mal alles trockengelegt. Beobachten. Vllt waren es auch die Spreewaldgurken.
Ich brauche Wasser, muss tanken, und dann strikt Kurs auf die Wolfsschanze-Koordinaten. Ich spanne glatt 3 Tankstellen-Mitarbeiter ein, damit ich mir Wasser zapfen kann. Erst als sie aufgeben, habe ich die Lösung. Ich hab ja alles dabei. Ich liebe diesen Schlauch und die unterschiedlichen Adapter. Obwohl ich am Ende mich nochmal umziehen muss, da der Schnellverschluss zwischendurch abflitscht.
An der Wolfsschanze bin ich bis kurz vor Schluss die einzige Besucherin. Auf dem Gelände sind zahlreiche Baustellen. Die Besucher nächstes Jahr können sich auf gepflasterte Wege freuen.
Nadem man die Schranke passiert, an der man Park- und Eintrittsgebühr bezahlt, wendet man sich, so die Empfehlung, dem Gebäude 1 zu, das im Original die Leibgarde beherbergte, um sich mit Informationsmaterial oder Plan zu versorgen. Oder auch, um sich mit Merchandising-Artikel wahlweise in Deutsch oder Polnisch auszustatten. Zwei Hotelgäste haben sich jeweils für braune Handtücher in Deutsch entschieden.
Das zentrale Thema für meinen Besuch ist das Attentat auf Hitler durch Graf von Stauffenberg. “Wolfsschanze” musste ich nicht recherchieren. Noch aus Schulzeiten war mir die Verbindung des Ortes mit dem Geschehen und dem dicken Eichentisch bekannt. Neu für mich jetzt war, dass sich die Wolfsschanze im heutigen Polen, damaligen Ostpreussen, befindet.
Ich habe in den letzten Tagen viel aus Interesse gelesen. Sei es, um den Ort zu verstehen, die Struktur – das System, Graf von Stauffenberg. Interessant:
Die Wolfsschanze wurde ab 1940 durch die Organisation Todt oberirdisch errichtet. Zum Schutz gegen Luftaufklärung lag sie in einem dichten Wald unter nichtbrennbaren Tarnnetzen und war mit einem tarnenden Mörtel versehen. Zahlreiche Flakstellungen sicherten gegen Luftangriffe. Insgesamt wurden auf dem Gebiet zwischen 1940 und 1944 ca. 100 verschiedene Objekte und Gebäude errichtet. Die Baustelle hatte den Tarnnamen „Chemische Werke Askania“. Seit 1941, mit Beginn des Krieges gegen die Sowjetunion (Unternehmen Barbarossa), war die Wolfsschanze der Hauptaufenthaltsort von Hitler.
Die Anlage umfasste insgesamt ca. 40 Wohn-, Wirtschafts- und Verwaltungsgebäude sowie sieben massive und 40 leichte Stahlbetonbunker. Die Decken der Bunker waren sechs bis acht Meter dick. Die Anlage verfügte über einen Bahnanschluss und besaß einen eigenen Flugplatz. Sie war von einem 50 bis 150 Meter breiten Minengürtel und einem 10 km langen Stacheldrahtzaun umgeben.
Hitler befand sich im Bunker Nr. 13 der spartanisch ausgelegten Anlage, im streng gesicherten Sperrkreis 1. Im Führerhauptquartier hielten sich insgesamt über 2100 Offiziere, Soldaten und Zivilpersonen dauerhaft auf.
Am 20. November 1944 verließ Hitler die Wolfsschanze endgültig, als die Rote Armee weniger als hundert Kilometer entfernt stand.
Als am 24. Januar 1945 die Rote Armee anrückte, wurden alle Objekte von der zurückweichenden Wehrmacht gesprengt. Es wird angenommen, dass für die Sprengung einzelner Bunker bis zu 8 Tonnen Sprengstoff verwendet wurden. Von 1945 bis 1955 wurden hier ca. 54.000 Minen entschärft.[5]
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/F%C3%BChrerhauptquartier_Wolfsschanze#Geschichte
Im Gebäude 3 dann, die Beratungsbaracke und Standort des Attentates am 20. Juli 1944 durch Claus Schenk Graf von Stauffenberg. Tafeln in mehreren Sprachen liefern Informationen zu den unterschiedlichen Stätten.
Schon, als ich mich der Wolfsschanze näherte, erfasste mich ein eigenartiges Gefühl. Graf von Stauffenberg ist an diesem Tag auch von Rastenberg aus angereist. Wir fahren die gleiche Strecke, wahrscheinlich.
Die 1 – 29 und A – J + S durchnummerierten Gebäude sind mal in besserem, mal in schlechterem Zustand, abhängig wahrscheinlich von der Sprengmenge im Januar 1945. Dickes Moos hat sich auf allen Gebäuden abgesetzt. 13 ist Hitlers Schutzbunker, ähnlich mächtig ist 16 Görings Fliegerabwehrschutzbunker oder 6 Schutzbunker für Gäste.
Die Anlage ist leider enttäuschend. #22 Ausstellungsgebäude, im Original Garage, ist besonders traurig. Dann Wasserrohre aus der Neuzeit an einem anderen alten Gemäuer. Manche Gebäude werden gerade anscheinend neu verputzt. Vllt werden das ja auch neue Sanitärräume. Wirkt auf jeden Fall einiges komisch. Es ist vllt auch nicht unbedingt ein einfacher Auftrag, diesen besonderen Ort zu konservieren und zu präsentieren. Das können sie besser.
Trotzdem bin ich froh darüber, heute dort gewesen zu sein.
Weitere Links:
Claus Schenk Graf von Stauffenberg
https://de.wikipedia.org/wiki/Claus_Schenk_Graf_von_StauffenbergVorgeschichte zum Attentat vom 20. Juli 1944
https://de.wikipedia.org/wiki/Attentat_vom_20._Juli_1944#Vorgeschichte