Wir sind nicht ganz so zeitig losgefahren, wie man es erwarten würde, wenn man eine derart weite Strecke vor sich hat. Um Viertel vor 3 am Nachmittag war dann auch das Päckchen über DHL geliefert, das Jürgen noch am Herzen lag. Diesmal haben wir es geschafft, die Reise ohne Ehrenrunde anzutreten. Nach kurzer Fahrt mussten wir schon häufiger nochmal zurück zum Ausgangspunkt, weil Jürgen etwas vergessen hatte. Letztes Mal waren es seine Wüstenstiefel. Er war einfach in seinen Schlappen losgefahren. Diesmal sind wir anscheinend komplett.
Von Ohu aus geht es direkt auf die Autobahn nach Passau. An der österreichischen Grenze besorgen wir uns noch eine neue GO-Box, die wir für die Fahrt bis Ungarn mit 110 Euro (!) aufladen. Wien erreichen wir nach 6 Stunden Fahrt. Es ist schon dunkel und die Lichter Wiens leuchten vor uns. Noch 1 Stunde fahren wir uns näher an die ungarische Grenze.
Für Ungarn löse ich einen elektronischen Routenplan bis an die Grenze nach Serbien mit kleinem Ausflug nach Budapest für 60 Euro. Dort versuchen wir, ein GPS-Device für meinen iPad Pro aufzutreiben, womit es anscheinend nicht ausgestattet ist. Ohne Erfolg. So geht es weiter über weites, flaches Land ohne besondere Anreize. Hin und wieder machen wir Pause an Rastplätzen. Bei einer dieser Gegebenheiten lässt ein Rumäne mit Frau und Kind nicht von uns ab. Er will uns partout ein iPhone 15 Max zum Schnäppchenpreis von 500 Euro verkaufen. Er selber habe es in Österreich offiziell gekauft. Er bräuchte Geld, um weiterfahren zu können. Wir gehen davon aus, dass es entweder ein chinesisches Fake oder gestohlen ist. Etwas später bereut Jürgen, dass er es nicht gekauft hat. So hätten wir Redundanz für sein in die Jahre gekommenes iPad.
Für Serbien entscheiden wir uns, die Autobahn zu verlassen und auf Landstraße zu fahren. In Serbien sind Landstraßen mautfrei. Nicht so in Ungarn und Österreich darf man über 3,5 Tonnen die Autobahn erst gar nicht verlassen, außer für Quell- und Zielverkehr. An der ungarischen Grenzstation werden unsere Papiere geprüft und der Grenzer möchte das Auto inspizieren. Nach nur einer Aussenklappe gibt er sich zufrieden. Die Serben kontrollieren die Pässe und wir erhalten die Stempel. Kurz nach der Grenze steht einsam ein Mann auf seinem Feld und schiebt mit seinem Rechen hin und her. Wir überholen eine Pferdekutsche. So urtümlich hatte ich es mir nicht vorgestellt. Das gibt sich aber schnell, als bald schon der erste Mähdrescher und Traktoren unterschiedlicher Größe an uns vorbeifahren. Überhaupt ist viel landwirtschaftlicher Verkehr auf den Straßen neben Schwerlastverkehr. Die Felder sind überwiegend abgeerntet. Auch das Stroh ist schon eingebracht. Hoch aufgetürmt liegen die Ballen. Lediglich Mais steht noch vereinzelt. Die Bauern sind mit unterschiedlichen Gerätschaften auf den Feldern, um zu ackern, eggen oder auch, um neu auszusäen. Ein schönes Bild bietet ein Hof, auf dem Kühe, Schafe und Gänse auf den Weiden stehen.
Die einfachen Ortschaften, die wir durchfahren, sind allesamt an einer Hauptstraße ausgerichtet. Das Anwesen beherrscht ein hoher undurchdringlicher Zaun mit hohem Tor. Unter der Zufahrt meistens ein Wassergraben. Es ähnelt Ungarn, wie ich es kenne, sehr stark. Nach etwa 100 Kilometern ändert sich das Dorfbild. Hier variiert der Baustil stark. Nach etwa 300 Kilometern wird die Landschaft hügelig und wir sehen Berge. In Serbien haben wir kein Internet (Ländergruppe 3). Mittags kehren wir im Restoran Kod Sanje ein, das uns von einer Zufallsbekanntschaft empfohlen wird. Hier darf Jürgen mit 300 Gramm Cevapi satt werden. In Lokalen darf geraucht werden und es gibt einheimisches Bier für mich. Kurz danach werden wir doch tatsächlich von der Polizei auf Papiere kontrolliert und die Frage nach Alkohol.
Von Serbien aus geht es noch 140 Kilometer an die Grenze. In Bulgarien lösen wir für 23 Euro Maut auf der Autobahn. Die 350 Kilometer bis zum Übergang in die Türkei fahren wir an einem Stück (für den Transit hätten wir auch tatsächlich nur 24 Stunden zur Verfügung gehabt).
An der türkischen Grenze werden hin- und hergeschickt, bis wir verstehen, dass wir
- unser Fahrzeug am Schalter D3 registrieren lassen müssen und
- wir durchsucht werden sollen.
In der Halle müssen alle Autos ihr komplettes Gepäck ausladen. Gnade uns, falls auch uns das droht. Ein Scan nebenan wäre mir deutlich lieber. Doch die Beamtin ist gnädig und lässt nach einer kurzen Inspektion der Wohnkabine und den äußeren Klappen von uns ab. Sie gibt uns frei für die Einreise. Vorher konnte ich das serbische Bier noch schnell verstecken. Zulässig wären nur 1 Liter Alkohol pro Person.
Bei der nächsten Möglichkeit haben wir uns auch gleich 50 GB Internet für 77 Euro gekauft. Für die Vignette haben wir 15 Tage um uns zu registrieren. Dann sind wir aber schon über alle Berge. Jetzt fahren wir über Istanbul-Ankara nach Göreme.
Nichts ist langweiliger und nerviger als Autobahn-Transit. Wir kommen zwar flott voran – sind auch wir häufiger mit unseren 90 km/h auf der Überholspur als sonstwo – doch die Kilometer ziehen sich. Bis Istanbul 230 Kilometer. Nach Istanbul bis Ankara über 400. Heute waren wir auch stattliche 450 Kilometer unterwegs. Highlight des Tages war die Überquerung des Bosporus auf der Yavuz Sultan Selim Köprüsü. Die Autobahn- und Eisenbahnbrücke zählt zu den höchsten Brücken der Welt. Länge: 1875 Meter / Höhe 322. Türkei hat bisher den günstigsten Dieselpreis mit 1,30 Euro (Ö: 2,12, HU ?, SRB 1,74, BUL 1,40 Euro).