Wir sitzen am Lagerfeuer und die Geschichten prasseln nur so wie Funken und Sternschnuppen. Eine sternklare Nacht. Der Große Wagen eindeutig. Die Cassiopeia verborgen. Die Vielzahl nicht gewohnt. Wie alles begann. Glühwürmchen mischen sich ein.
019 \ Das schönste Geschenk, das man einem anderen Menschen machen kann, ist aufrichtige Zuwendung. – Arabisches Sprichwort.
by xxenia in Wie die Kidneybohne nach Libyen kam.
04/17/2005
13.54
Lauschig sitzen wir unter dem einzigen schattenspendenden Baum weit und breit. Beobachten einen elsterähnlichen Vogel. Ich zähle ticks. Wir halten ein italienisches Picknick ab.
Nachdem wir von unserem Schlafplatz aus die Hochebene hinter uns gelassen haben, sind wir wie von selbst über die gestern noch verheissene und verfehlte Bir Halou gestolpert. Schnell findet sich die ortsansässige Blasmusik ein. Wir werden sehr, sehr freundlich empfangen. Wir verschaffen uns einen Überblick über die Anlage, streunern umher. Ich werde ins Zelt gewunken. Man öffnet eine Dose Fruchtsalat, bietet sie mir mit einer Packung Kokoskeksen und Pistazien an. W wird angeboten, das für die Reinigung geleerte Schwimmbassin zu fluten. W lehnt dankbar ab. Wie selbstverständlich dürfen wir Wasser tanken. Selbst naft wäre kein Problem. Wir wollen die Gastfreundschaft nicht zu sehr strapazieren.
Ich werde in der Zwischenzeit von – wie sich herausstellt – zwei Neffen Al-Qaddhafis weiter mit Nettigkeiten überschüttet. Eben nochmal ein köstliches Getränk in einer leeren Blechdose gemixt. Der Neffe in Camouflage bietet mir an, über sein Satellitentelefon mit meiner Familie in der Heimat zu telefonieren. Statt der Telefonnummer meiner Eltern wähle ich meine eigene Nummer. Ich möchte verhindern, selbst für eine lieb gemeinte, aber kurzsichtige Geste, Menschen ohne deren Zustimmung unnötig in Schwierigkeiten zu bringen. Der AB funktioniert noch! „Grüss Gott, sie haben die Nummer von BiF gewählt. Ich bin leider nicht zuhause, …“ Wie sich auch Monate ohne ominöse Anrufe danach herausstellt, handelte es sich tatsächlich um gastfreundliche und grosszügige Gentlemen. Ich hatte zu keiner Zeit Zweifel daran. Trotzdem Goldenes Gesetz.

Der zweite Neffe, ein hübscher Bengel mit herrlichen Augen präsentiert mir seine Kalaschnikow, „For bird hunting“ wie er betont, unter seiner Zudecke und eine Pistole unter seinem Kissen. Er bietet mir an, für ein Foto zu posieren. Lieber Gott, lass dieses Foto gut werden! Nur dieses eine Mal, bitte!
Wieder sind etliche Fahrer von GBP hier, ganz einfach an ihren schrill orangenen, fast neonfarbenen Overalls zu erkennen. Die Farbe dient aller Wahrscheinlichkeit nach dazu, sie in einem Sandsturm wiederzufinden. Diesmal können auch wir uns revanchieren. Einer der Fahrer hat ein Hautproblem. The fucking chinese doctor würde chinesisch praktizieren und den Einsatz von Pharmaka grundsätzlich ablehnen. Meine Cortison-Salbe sorgt schnell für Linderung. Ich fülle eine der Fotodosen mit Salbe für ihn ab. Ich hätte ihm gerne die ganze Tube geschenkt, doch meine M_a, der Schwester der Nacht des grossen errötenden Wolfes, blüht und brennt – wie man es nennt – aktiv. Während ich noch damit beschäftigt bin, auf die Aussenklappe mit dem Medizinkoffer das Rote Kreuz zu pinseln, hofft schon der nächste Patient auf Hilfe. Wir überlegen schon, ihm Voltaren anzubieten, da er ständig auf seinen seitlichen Rücken verweist. Es stellt sich heraus, dass er eigentlich Nierenprobleme hat, wie sein Kollege uns nach minutenlangem Rätselraten übersetzt. Auf urologische Befunde sind wir definitiv nicht vorbereitet. Mein Freund mit dem dermatologischen Befund schenkt mir zum Abschied eine Dose Pepsi mit den Worten „Think of me.“.
Von ihm lerne ich auch, wie man Tomaten ohne Brett schneidet. Eine Technik, die sich auch in anderen Lebenssituationen bewährt.
Nach kurzer Fahrt erhalten wir erneut die Möglichkeit, Leben zu retten. Ein Toyota liegt brach. Der demontierte Reifen lässt auf Reifenpanne schliessen. Der noch eben mit Vulkanisierungsstreifen geflickte Reifen braucht wieder 2 kilo. Nichts leichter als das. In dieser Disziplin sind wir fit!
It’s hard to leave. Good bye. Maybe in 7k km.
Change name.