Gestern konnte ich so gar nicht würdigen, wo ich denn nun gelandet bin. Die Bleimoschee ist nicht irgendeine Moschee.
Die Xhamia e Plumbit ist ein bedeutendes historisches Bauwerk im nordwestalbanischen Shkodra. Sie gilt als größte historische Moschee des Landes. Die Moschee verdankt ihren Namen den Blei-Kuppeln.
Auszüge aus https://de.wikipedia.org/wiki/Bleimoschee_(Shkodra)
Das Bauwerk wurde 1773 durch den albanischen Pascha Mehmed Bushati, einem berühmten Mitglied der adligen Bushati-Familie, erbaut, der in dieser Zeit Wesir des Paschalik Shkodra war.
Während der 1900er Jahre wurde die Moschee einige Male stark beschädigt, so unter anderem als das Blei der Kuppel gestohlen wurde. 1916 wurde das fehlende Baumaterial von österreichisch-ungarischen Truppen wieder ersetzt.
1967 wurde das Minarett, welches zuvor 1920 von Xhelal Bushati, einem Nachfahren von Mehmed, renoviert worden war, durch einen Blitzschlag oder den revolutionären Mob stark beschädigt. Es ist bis heute nicht wiederaufgebaut worden, nur der Sockel blieb erhalten.
1967 wurde die Moschee, wie auch andere religiöse Institutionen im Land, geschlossen, nachdem der kommunistische Führer Enver Hoxha Albanien zum ersten atheistischen Staat der Erde erklärte. Fortan war jegliche Religionsausübung verboten. Obwohl viele Moscheen während dieser Zeit durch das Regime zerstört wurden, blieb das Bauwerk als einzige der 35 Moscheen Shkodras erhalten, wohl wegen einer Erklärung zum Kulturdenkmalschutz von 1948.
Am 16. November 1990 wurde die Moschee, als das Religionsverbot wieder aufgehoben wurde, wieder geöffnet. Der erste islamische Gottesdienst im Land fand in dieser Moschee statt, als der Hodscha Hafiz Sabri Koçi das Gebet nach 23 Jahren wieder öffentlich für die Gemeinde leitete.
Am 2. April 1991, bei Unruhen nach den ersten freien Wahlen, wurden Gläubige in der Moschee von Paramilitärs beschossen.
Meine Nacht war sehr unruhig. Wie nachen es Hunde eigentlich, dass sie über Stunden am Stück bellen können, ohne heiser zu werden? Entsprechend unentspannt bin ich. Als dann noch der Muezzin um 05:15 morgens die Gläubigen zum ersten Gebet am Morgen weckt, ist mein Glück perfekt.
Bei offener Tür beobachte ich ein älteres Weiberl, das mit ihren Plastiktüten vorne und hinten am Fahrrad einmal quer über das Grundstück schiebt und flugs in einem Loch im Maschenzaun verschwindet. Ich pauke Vokabeln. Und da steht sie schon bei mir an der Tür “Mirdita”.
“.السلام عليكم” “.وَعَلَيْكُمُ ٱلسَّلَامُ”
Und sie redet und redet mit ihrer strahlenden Ausstrahlung. Deutet zum Himmel. “.الحمد لله” Nicht ganz unverdutzt lässt sie mich nach ihrem Auftritt zurück. Faleminderit.
Ich schau mir noch ein bisschen die Umgebung um die Moschee herum an. Als ich gestern kam, zog gerade ein Schäfer mit seinen Schafen ab. Das Gatter ist leer. Ein Meer an Brombeersträuchen. Feigenbäume.
Auf dem Weg in die Innenstadt Shkodërs überwältigen mich erstmal die völlig neuen Eindrücke. Relativ schnell schiebt sich die Verkehrssituation in meine ungeteilte Aufmerksamkeit. Als da wären: Fahrräder gefahren oder geschoben, beladen oder unbeladen, Mofas, Mokicks, Mopeds, 3-Rad-Pick-ups über Hunde und Pferdeeinachser zu Autos, Bussen, Lkws – auch im Gegenverkehr. Wem dies noch nicht reicht, der fährt am besten gleich noch in einen Kreisverkehr. Ach, und Fussgänger will man ja auch nicht überfahren. Heiland! Von den 100.000 Einwohnern Shkodërs sind etwa 3/4 auf der Strasse.
Ich parke am Stadiumi Loro Boriçi, benannt nach einem der bekanntesten Fussballspielern Albaniens in den 19xx. Hierhin werde ich ja wohl wieder zurückfinden. Auf geht’s.
Auf der Rruga Nazmi Kryeziu bin ich gleich mittendrin. Meinen Telefonladen habe ich auch gleich. Nur Lek noch nicht. Auf dem Weg zur Fussgängerzone, wo es Wechselstuben geben soll, erlebt man gleich die ganze Geschäftstüchtigkeit der Nation. Waren werden entweder aus winzigen Läden heraus oder direkt auf der Strasse verkauft. Meistens hat sich der Händler auf einzelne oder wenig Produkte im Sortiment spezialisiert. Am Sheshi tatsächlich der erhoffte Geldwechsler und das beste Strassen-Kebap für 100 Lek (123 Lek = 1 EUR). Noch ein bisschen Gotteshäuser abklappern. Im Park abhängen. In der Fussgängerzone schlendern. Mit Albanierinnen reden. Zwischen zwei Schuhverkäuferinnen geraten.
An einigen Geschäften und Laternen hängen Vogelkäfige mit kleinen Vögeln – das kenne ich eigentlich nur aus Asien. Hier? Mafia?
Es gibt verhältnismässig viele Bettler. Durch das organisierte Betteln in Deutschland bin ich total versaut. Irgendwie hat sich bei mir davor immer Kleingeld finden lassen können. Hier in Albanien kann ich es noch nicht einschätzen. Was ich aber durchaus beurteilen kann, ist die gezielte Ansprache von wildhaarigen kleinen süssen Mädchen. Im Hintergrund agieren ihre Mütter und Tanten. Sie sprechen perfekt die relevanten Fremdsprachen. Bei mir legt sie auch gleich noch Italienisch nach.
An einer Kreuzung vorher musste ich warten, bis ich eine für mein Auto passende Lücke ausmache, da hängt auch schon ein anderes Mädchen am Beifahrerfenster. Als ich nicht öffne, hängt sie auch schon am Aussenspiegel. Die Polizei steht daneben. Und schon hätte ich gewusst, wofür es sich zu hupen lohnt. Doch sie lässt ab, als ich mit dem Gas spiele.
Die Welt hat sich in manchen Bereichen also kein bisschen verändert, nur weil man nicht da war.
Eine Minderheit in Albanien eben stellen die Roma und Balkan-Ägypter. Als EU-Anwärter hat Albanien verschiedene Aufgabenschwerpunkte erhalten. Neben der Drogenthematik und des organisierten Verbrechens ist in dem Katalog auch die Integration der Roma nebst Nivellierung der sozialen Unterschiede zu finden. Kein einfaches Unterfangen, wie man hört, da es die Überwindung von deutlich unterschiedlichen Standpunkten voraussetzen würde.
Diesmal habe ich alles richtig gemacht und finde mein geparktes Auto auf Anhieb. Vorher noch die Telefonkarte gekauft. Jetzt habe ich 15 GB für umgerechnet 12 EUR. Nach unserer Logik werde ich wohl bald schon das Land verlassen müssen.
Auf zum Skutarisee. Denke ich. Mein Schlavi meint diesmal, mich über eine Fussgängerbrücke lotsen zu müssen, die aber GsD mit einem Betonklotz gesichert ist. Diese Brücke war noch NIE NIEMALS für Autos befahrbar. Der Beweis, dass es nicht an der Aktualität der Karte liegt! Drecks-Teil! Darauf hupe ich mal.
Parken. Ende.