In der Notaufnahme rolle ich mittlerweile in einem Bett durch die verschiedenen Stationen. Bei der Schilderung des Unfallhergangs betreibe ich sogar noch Werbung für Bränsfors und treffe sogar auf einen Werkzeugliebhaber unter den Notfallassistenten.
Doch bald schon ist es mir nicht mehr danach. Ich habe das Gefühl, dass es sich nicht ausschliesslich um eine Fleischwunde handelt, sondern, dass auch der Daumen entscheidend verletzt wurde. Der Chirurg auf Station ist bereits benachrichtigt. Als dieser übernimmt kann er meinen Verdacht nur bestätigen. Eine der beiden Sehnen ist ab. Ein Endstück kann man sogar noch sehen. Das Röntgenbild zeigt, dass sich zumindest kein Knochen an diesem Massaker beteiligt hat.
Es muss operiert werden. Morgen fände sich ein Platz im OP-Plan. Wann ich denn zuletzt gegessen hätte. Am Nachmittag war ich noch am Christkindlmarkt in der Freyung, als ich auf J wartete, den ich zu einem Termin gefahren habe. Tetanus ist frisch, sogar eine Zecke dürfte mich beissen. Bei tollwütigen Hunden sollte ich jedoch auf der Hut sein. Antibiose ist angesagt. Der nächste erscheinende Arzt betäubt die Region um die Wunde lokal und desinfiziert grossräumig – eine starke Blutung setzt wieder ein – und vernäht. Himmel lass mich ohnmächtig werden. Dann noch verbinden und fertig für die Nacht … Ich schicke J heim mit den Neuigkeiten.
Zwischenzeitlich scheint sich ein OP-Slot aufgetan zu haben. Ich soll mich zwischen 20 und 21 Uhr auf der Station bereit halten. Wüsste nicht, was ich lieber täte ………………………………… Um halb 10 meldet sich nochmal der Narkosearzt telefonisch unsicher, ob zwischen der letzten Mahlzeit min 6 Stunden vergangen wären.
Dann hurtig. Die Bettenbeauftragte schiebt mich zeitsparend strategisch ausgeklügelt durch das Haus, wie sie mir erklärt. Ob der Dringlichkeit musste sie sogar bei Dienstantritt auf den Toilettengang verzichten. An der OP-Schleuse übernimmt mich der OP-Vorbereiter, schnallt mich fest, hier noch EKG-Saugnäpfe, dort noch Rollen unter Kniebeugen und Fersen und ab in den Vorraum zum OP. Der OP-Vorbereiter weiht mich noch in die Betäubungs-/Narkoseoptionen ein. NEIN, ich will nicht 90 Minuten … VOLLNARKOSE please! Eine OP läuft noch, nun finden sich auch die OP-Schwestern ein.
Den Narkosearzt schickt der Himmel. Noch ein paar Unterschriften zur Aufklärung. Ich darf jetzt endlich schlafen. Bis ich im Wachraum kontrolliert wieder zu mir komme.
Um 8 Uhr morgens steht dann auch schon der operierende Oberarzt mit Team vor meinem Bett. OP gut verlaufen – beide Sehnen waren durch – strikte Ruhe – Heilung 6 Wochen – nach 2 Wochen Schienenwechsel – falls alles gut geht, kann ich morgen entlassen werden.
Beim Hin- und Herrechnen entdecke ich erst, dass wir in dem Zimmer im 8. Stock einen sagenhaften Blick auf die Stadt, die Martinskirche mit ihrem höchsten Backsteinturm der Welt und auf die Burg Trausnitz auf dem Hofberg haben. Bisher hatte ich noch gar keine Ahnung, wohin ich eingeliefert wurde.