Heimlich, leise und verstohlen entspinnt sich im Garten eine kleine Sensation. Im Schatten der Geschehnisse.
Seit kurzem ist der Truck aus dem Winterlager zurück und wieder auf dem Hof. Mein Auto rangiert sich nun wieder von früher gewohnt mit einem gekonnten Hüftschwung in die zweite Reihe. Grosse Ausbauten sind an meinem Auto so nun auch nicht mehr geplant. (Sag niemals nie!) Den vorletzten grossen Eingriff haben wir ehrgeizig schon fast direkt nach meiner Rückkehr Ende Februar durchgeführt.
Die Chemietoilette musste einer Trenntoilette weichen. Die Entsorgung des Inhalts der Chemietoilette in entschieden zu kurzen Intervallen an meist ungelegenen Stationen war nervtötend und unverhältnismässig zeitraubend. Zuletzt haben wir noch den Fahrradträger um einen Galgen mit Lastenratsche ergänzt, der mich beim Beladen des Autos mit einem schwereren Fahrrad unterstützen soll.
Nun dürften wir also die Liste aller Verbesserungen abgearbeitet haben, bevor die nächste Idee schon gleich wieder hinter der nächsten Ecke wartet. Hinzu kamen auch Reparaturen, die man sich hätte sparen können, hätte, hätte, wie zum Beispiel die Glasabdeckung des Kochfeldes in der Küche – peng! – nun speziell angefertigte Abdeckung in Edelstahl. Campingstuhl – peng! Lediglich Js Prophezeiung bezüglich der Anschaffung eines Compoundbogens scheint sich nicht zu erfüllen. Auch wenn ich wöchentlich über aktuelle Marketingangebote informiert werde, fühle ich mich mit Drohnenfliegen, Videobearbeitung, Fotobearbeitung, Radlfahren, Schreiben, Fahren und Campen allgemein genügend gefordert.
J ist momentan auch allgemein genügend gefordert: er hat sich entschieden, Influencer zu werden. Generell liegt er auch nicht falsch damit, wie man an meinem Beispiel sieht, wenn auch manche Entwicklungen in meinem Auto ihm entgehen. Sein Style ist momentan auch einfach zu beschreiben mit ‘Surf & Turf’: Trachtenjanker trifft auf Flip Flops vice versa. Ich teile seine Leidenschaft für Haargel nicht.
Vom Nachbargrundstück dröhnen ungewohnte Motorengeräusche. Eine Familie mit drei Jungs ist frisch eingezogen. Als ich das erste Mal ihren Fuhrpark am Haus sehe, überfällt mich das Bedürfnis, die Vierräder in der Nacht aufzubocken und ihnen flüsternde Vollgummireifen statt der schreienden Hartplastikreifen zu verpassen. Doch wie sich im weiteren Verlauf zeigt, hätte dies keinen nennenswerten Einfluss auf Lebensqualität.
Die beiden Bombenleger unter ihnen sind trotz der Kühle unbeeindruckt im Schutze ihrer Waschbärmützen aktiv. Alles in ihrem Fuhrpark was mindestens 2 Reifen hat, wird bis in den 9. Gang lautstark synchronisiert: Radl weiss, Bobbycar ohne Anhänger, Laufrad rot, Radl rot, Bobbycar mit Anhänger, nochn Laufrad, Feuerwehrauto. Alles Schaltgetriebe, wie man hört. Für meinen Geschmack fahren sie deutlich zu hochtourig. Lediglich der weisse elektrische Mercedes-Cabrio-2-Sitzer fährt geräuschautark im Automatikgetriebe. Doch, das verflixte Teil besitzt Radio und Hupe. Seitdem sie das für sich entdeckt haben, ist die Welt nicht mehr was sie einmal war.
Manchmal fahren sie schon um halb 8 morgens. Momentan sind sie aber bis 10 im Fahrerlager. Die Kitas haben aufgrund der Seuche noch geschlossen. Den Dritten im Bunde kennt man nur aus der Ferne. Nach über 12 Monaten postnatal macht er keine Anstalten, zu laufen. Auch Mütze trägt er keine. In seinem türkisenen Kampfanzug auf der türkisenen Gartengarnitur kann man ihn kaum ausmachen. Offensichtlich die Lieblingsfarbe der Mama. Man muss sich auch keine Sorgen machen, dass er die paar Stufen vom Garten zum Hof herunterpurzeln könnte, wie schon von mir befürchtet. So weit mag er gar nicht auf seinem Windelhintern. Schnell kommt der Verdacht der Bequemlichkeit auf. Der Vater bringt den Begriff ‘Faulheit’ ein. Unverhofft wendet sich das Blatt Tage später: der Windelterrorist läuft, verzieht keine Miene, wenn er fällt, steht schweigend auf und marschiert stoisch weiter, als wäre er auf dem Jakobsweg.

In der Zwischenzeit ziehen 2 Hornissen in mein Auto ein. Die Feuerwanzen auf der Terrasse bleiben davon unbeeindruckt. Am Nachbarhaus müssen wir ein Pärchen Balkenschröter auswildern. Hornisse 1 hat es sich in meiner neu installierten Ladestation gemütlich eingerichtet, Hornisse 2 in meinem Hängeschrank. Ich kann es verstehen.
Mittlerweile hüpft er auch schon mit auf dem unlängst gelieferten und sogleich vom Vater aufgebauten Trampolin. Während Bombenleger 2 gerne zu vielen Gelegenheiten weint, verzieht der Windelterrorist keine Miene. Auch ein Grinsen entweicht ihm nicht.
Täglich mehrmals fahren unterschiedliche Lieferservices in diese kleine Stichstrasse. Erwarten wir etwas, stehen wir schon wie Erdmännchen an den Grundstückseinfahrten. Der wichtigste Termin im Monat für uns aber ist der Abholtermin der Papiertonne. Die Bombenleger lauern ebenfalls hoffnungsvoll. Nach kleiner Konversation erfahre ich, dass sie auf eine Katze warten, die per Post komme. Ich warte auf Hocker, Trichter, Trenax, Spanngurt, Aluhebelzug, Hängematte, Diffusor, … sie auf Katze …
Irritiert spreche ich die Mutter des Trios an. Die Geschichte geht so: 2 Katzen, 1 stirbt, der Vater des Trios bringt die tote Katze nach München in das Tierkrematorium, die Mutter vergisst, den Betrag zu zahlen, die tote Katze wird eingefroren, die Mutter überweist den Betrag. Seitdem erwarten sie die Überreste ihrer Katze.
Nun also wollen die beiden Bombenleger unter die Gärtner gehen. Well, sie wollten auch schon Flieger werden, als sie J über ihren Köpfen fliegen sahen. Mit kleinen Giesskannen bewaffnet giessen sie trockene Hölzchen, die sie in die Auffahrtmitte gesteckt haben. Sie verfügen nicht nur über Giesskannen, nein, sondern auch über Staubsauger, Kaffeemaschine, Waschmaschine, Säge – mit allem wovon Hausmännerherzen träumen, wenn doch noch eine Spülmaschine dabei wäre. Manchmal kehren sie mit ihren Besen geflissentlich ostentativ auch die staubige Auffahrt.

Dank meines neu gelieferten Klappspatens war ich nach Einbruch der Dunkelheit auch bereits in Poleposition mit schön blühendem Gestrüpp in der Auffahrtmitte. Die Freude ist gross, als sie es am Morgen entdecken, doch hätte auch ein zweites Hölzchen erblühen müssen … schon gibt es wieder Tränen. Also, Klappspaten wieder raus aus der Box, Dunkelheit, Blümchen pflanzen, … Und schon tanzt die Freude im Dreivierteltakt am nächsten Morgen.
Nun haben sie den Rest der Auffahrtmitte ebenfalls ‘bepflanzt’ …
Ich bin raus.
Die noch verbleibende und lebende Katze darf nicht mehr heim zu ihrer Familie ins Haus. Nach Streifzügen durch ihre neue Nachbarschaft kam sie trotz Halsband völlig verzeckt wieder zurück. So streunert sie eben weiter. Ihr Jagdinstinkt ist ausgeprägt. So setzt sie an auf Amselmütter und jagt Feldhasenkinder über die Wiese. Mächtig was zu tun, die Unternehmungen zu vereiteln.
Und dann noch die Zecken dieses Jahr! Sie schnappen dich einfach überall. Warum man keinen von uns Erdmännchen täglich am Grundstückseingang erwartungsvoll stehen sieht, um von dem Boten eine bestellte Zeckenzange in Empfang zu nehmen, statt den renitenten Zeckenkopf mit dem Seitenschneider aus dem Fleisch zu schneiden, ist mir schleierhaft.
Es kommt die Zeit, da bestelle ich mir einen Compoundbogen …