Auf der Strecke nach Qaen liegt noch der Qanat Qasabeh. Wir haben bereits in Marokko Qanate besucht und hatten uns auch erhofft, einmal in der Tiefe einen Qanat besichtigen zu können. Qanate wurden zuerst im Iran betrieben, bevor die Technik der Bewässerungen auch in anderen Ländern Einzug gehalten hat.
Von Torbat e-Heydarieh aus verlassen wir die Autobahn, weil wir uns wünschen etwas mehr von dem Land zu sehen. Wie auch schon von der Autobahn aus ist auf Landstraße auch nicht viel zu erwarten: ebenes Land ohne Baum, dafür Sträucherbewuchs.
Wir fahren so durch die Ortschaften und halten in Jangal, in dem wir einen Barber entdecken. Jürgen bekommt eine frische Rasur und sogar noch einen Haarschnitt verpasst. Der Barber will sich nicht bezahlen lassen, wir bleiben aber hartnäckig.
Ein Junge folgt uns in jeder Station. Am Auto, beim Barber, später beim Tortenkauf, und lässt nicht locker: er möchte uns unbedingt zu sich nach Hause einladen. Wir willigen ein unter der Bedingung, dass wir nur 5 Minuten verbleiben, da wir noch vor Einbruch der Dunkelheit weiterfahren möchten. In einem unscheinbaren Haus erreichen wir nach einer Treppe das wahrscheinlich typisch iranische Ensemble in einem Wohnbereich. Prunkhafte Möbel mit goldenen Rahmen und goldenes Tischservice in einer Vitrine. Gleich kommen auch noch Mutter mit weiteren Kindern und Tante. Wir schaffen es, uns alsbald zu verabschieden.
Wir fahren noch einen Ort weiter, um dort zu übernachten. Und schon haben wir die Blasmusik auf dem Hof. Eine ganze Sippe versucht, uns zu sich einzuladen. Wir geben zu verstehen, dass es kurz vor Schlafenszeit bei uns wäre. Später dann kommt auch noch die Polizei, die von uns unsere weitere Reiseroute wissen möchte. Jürgen hantiert mit der Landkarte dazu.
Am nächsten Tag auf der Weiterfahrt entdecken wir eine Tankstelle und versuchen unser Glück. Wir werden abgelehnt. Irgendwie ist einer der Lkw-Fahrer darauf aufmerksam geworden und stoppt uns. Er bietet uns 20 Liter Diesel aus einem Kanister an. Natürlich unentgeltlich – wir dürfen nicht bezahlen. An einer weiteren Tankstelle schaffen wir es noch, weitere 30 Liter zu tanken. Mehr wollen sie uns nicht geben. Auch dafür sind wir dankbar. Und es geht weiter.
Wir erreichen Gonabad, den Ort, an dem der Qanat zu finden ist. Der Qanat Qasabeh ist 2250 Jahre alt und gilt als einer der bedeutendsten Qanate im Iran. Dieser Qanat hat auf einer Strecke von über 34 Kilometern die Plantagen mit Wasser versorgt. Vom Parkplatz aus zahlen wir Eintritt und wir müssen uns in eine Liste eintragen. Der bemühte Kassierer und Wärter versucht hektisch noch, einen Kopfhörer mit englischer Sprache für uns zusammenzubauen. Wir steigen auf mehreren Treppen hinunter in das Kanalsystem. Es ist interessant, doch schon in kurzer Zeit ist das kurze Stück bis zum wirklichen Wasserkanal erkundet. Als wir wieder auf dem Weg zurück sind, erklärt uns der Wärter mit Händen und Füssen, wir sollten ihm noch einmal folgen. Wir könnten den Kanal auch vom Wasser aus noch erforschen. Rasch haben wir uns unserer Schuhe entledigt und Hosen aufgekrempelt und staksen auch sogleich in dem herrlich frischen Wasser Windung um Windung den Kanal entlang. Das war zum Abschluss noch die Krönung unseres Besuches.
Nun geht die Reise weiter Richtung Qaen, der Hochburg des Safrans, wie uns mehrfach versichert worden ist. Im Ort angekommen, sehen wir außer den anderswo ebenso vorhandenen Safran-Feldern, nichts, was darauf deuten ließe, dass wir im Epizentrum des Safrans angekommen wären. Von Safran keine Spur. Nicht einmal einen Kreisverkehr ziert eine Krokusblüte. Nüscht.
Wir erhoffen uns weitere Informationen bei einem Essen. Zufällig wählen wir das beste Kebap-Restaurant der Stadt. Zum Essen bekommen wir zu dem iranischen noch zusätzlich pakistanischen Reis, der in seiner Form noch länglicher ist. Nach dem Essen interessieren wir uns für die Küche von Hassan, dem Eigentümer. Riesige Töpfe mit Reis, eine Grillstation für das Kebab und jede Menge Betrieb von Essensabholern. Dabei treffen wir auf Akbar und seine Frau Fatima mit 2 Mädchen. Er bietet uns an, uns zu einem Krokus-Feld zu bringen. Dieses Feld entspricht nicht ganz unserer Vorstellung und Akbar hat eine andere Idee: Safran wird früh morgens geerntet, wenn es noch frisch ist. Dazu würden wir um 5 Uhr früh zu einem Ort aufbrechen, in dem wir eine Safran-Farm besuchen könnten. Er bringt uns noch vor das Haus seiner Mutter und seines Restaurants, wo wir übernachten sollen.
Im Laufe des Abends haben wir immer wieder Besuch von der Familie, meistens in Gefolgschaft einiger Freunde. So geht es in unserer Wohnkabine wild durcheinander. Fatima hat ihre Krokus-Ernte mitgebracht und zeigt uns fingerfertig, wie man die 3 Fäden Safran aus der Blüte erntet. Später am Abend zeigt sie uns dann noch ihre Ausbeute. Ein weiteres Mal erscheint der Besuch, um uns einen neuen Plan zu präsentieren. Es hat leicht geregnet und die morgige Ernte würde ausfallen. So fahren wir morgen erst gegen Abend in das Zielgebiet.
Am nächsten Morgen ist Akbar sehr aufgeregt, die Krokusse ständen auf dem Feld und so fahren wir in die nähere Umgebung, um die Blüten zu fotografieren. Danach gibt es noch eine Sightseeing-Tour durch den Ort und eine Einladung zu ihm ins Lokal. Er zeigt uns noch, wie man Kebab-Spieße bestückt und Jürgen darf noch Schafsleber und Schafschwanz probieren. Nun warten wir auf unseren Abholer für den Abend im Auto.
Wir fahren gegen Abend in das etwa 100 Kilometer entfernte Abiz, nahe der afghanischen Grenze. Hadi hat arrangiert, dass wir am Ortsende von Abiz für die Nacht stehen können. Auch ein Treffen mit dem Bürgermeister von Abiz hat er arrangiert. Kaum stehen wir, kommt auch schon die Polizei mit 3 Mann vorbei. Reisepass und Visa wollen sie sehen. Es dauert etwas länger, bis sie alles geklärt haben und hinterlassen auch noch die Nummer, die wir anrufen könnten, falls wir Hilfe benötigen würden. Heute Nacht wären wir auf jeden Fall sicher, sie würden regelmäßig patrouillieren. Und schon ist der Bürgermeister Kiani mit einem Gefolgsmann bei uns in der Kabine zu Gast. Sie bringen Gastgeschenke. Über eine Handy-Übersetzungs-App kommunizieren wir. Nach einer halben Stunde verabschieden sie sich.
Am nächsten Morgen um 5 Uhr warten wir auf die angekündigten Arbeiter, die uns mit aufs Feld nehmen würden. Nachdem sich niemand blicken lässt, fahren wir selber los und fangen ein paar Eindrücke ein. Ein (privater) Pflücker lädt mich ein, es selbst zu probieren. Am Ende seiner Arbeit zeigt er mir seine Ausbeute. Ein anderer Pflücker bringt mir einen dicken Strauss Blüten vorbei. So ernte ich auch ein paar Safranfäden für uns.
Am Abend haben wir eine Einladung von Hadi und Sara angenommen. Um 20 Uhr sollen wir uns an dem Bozorgmehr Tomb über der Stadt von Qaen einfinden, der aufwändig beleuchtet ist. Für den Abend hat er mit etwa 20 Freunden ein Arrangement getroffen, bei dem 5 traditionelle Trommlerinnen in bunter Tracht ihre Lieder singen. Männer beginnen zu der Musik landestypisch zu tanzen. Zum Abschluss gibt es noch eine spezielle Süßspeise, deren Grundzutat ein Extrakt ist, die aus einer bestimmten Pflanzenwurzel stammt, die zusammen mit Wasser und Zucker zuerst schaumig geschlagen und sodann in einer großen Schüssel mit einem Bund Hölzern rhythmisch zu einer Art Schnee aufgeschlagen wird, der auf die Anwesenden zur Verkostung verteilt wird. Es war ein wirklich außergewöhnlich gut gelungener Abend.