Gleich morgen will ich los. Der Wind hat sich noch nicht gelegt. Im Radio, das die Verkehrsnachrichten auch in Englisch und Deutsch überträgt, höre ich, dass die Küstenstrasse für verschiedene Fahrzeugtypen gesperrt wäre. Darunter fallen Motorräder, Doppeldecker und Wohnwägen. Gut, dass ich mich heute nicht dafür entscheiden muss was wir in diesem Fall sind.
Luftlinie hätten wir lediglich 50 Kilometer. Da wir aber Pässe von bis zu 900 Meter zu bewältigen haben, ist es gleich mal das doppelte. Hinter dem Bergstrang herrscht Landwirtschaft vor. Man sieht Kühe. Momentan werden Kartoffeln geerntet, allerdings nicht wie seit Jahrzehnten bei uns. Sondern eine Maschine bringt die Erdäpfel an die Oberfläche und sie werden dann händisch eingesammelt.
Die Plitvicer Seem sind 16 in Kaskaden angeordnete Seen, die per Wasserfällen miteinander verbunden sind. Aus allem Poren und Fasern dringt das Wasser und verschwindet in Löchern wie in optischen Täuschungen. Vom obersten bis zum untersten See überwindet das Wasser stattliche einhundert Meter.
Stattlich ist auch der Eintritt mit 250 Kuna und Parken mit 100 Kuna, knapp EUR 50. Zu Fuss vom Parkplatz bis zur Station, dann mit einem gewaltigen Mercedes Zugfahrzeug in einer Art Zug und zum Schluss mit Boot über den letzten See. Dazwischen zu Fuss über Holzstege von See zu See. Der Veliki Slap ist der grössste Wasserfall mit 78 Metern Höhe und welcher nur mit separater Tour erreicht werden kann.
Danach ist es auch genug. Ich mache mich auf zum Parkplatz. Auf der gesamten Tour hat man unterschieden zwischen P1 und P2, weil es ja zwei Eingänge gibt, über die man den Nationalpark betreten kann. Hier nun finde ich entscheidende Schilder nicht. Wieder zurück zum Ranger: ich solle dem Schild St1 folgen. Dort würde ich zu den Shuttle zu den Parkplätzen finden. Das erste Schild sehe ich noch, danach keines mehr.
Und es kommt, wie es kommen muss – ich verlaufe mich! Kilometer um Kilometer. Stunde um Stunde. Als mich die Hoffnung gänzlich verlässt, klingele ich in einem Haus und frage die Hausherrin, ob sie mir nicht ein Taxi rufen könne. Letztendlich fährt mich ihr Mann für 100 Kuna zurück. Ich hätte in diesem Leben sonst nie wieder Ziviliation zu Gesicht bekommen. Wir sind garantiert 15 Minuten gefahren …
Am liebsten hätte ich danach verweigert. Einfach Sitzblockade vorm Auto. Es ist ja nicht einfach so, dass man “nur” körperlich erschöpft ist. Die Psyche fotzt ja irgendwann auch noch rein. Brainfuck. Manche Menschen suchen ihr Leben lang Schlüssel – ich verlaufe mich mein Leben lang und suche mittlerweile auch sehr häufig meine Schlüssel, Brillen, Handy, Tablet, Kabel – in einem brutto 11 Quadratmeter-Auto wohlgemerkt!
Schmerzlich vermisse ich auch meine Super-Turnschuhe, die ich in einem der Hausflure in der Heimat stehengelassen habe. Und falls noch mein Lieblingsbikini – falls ich sowas überhaupt besitze – irgendwo auftaucht, bitte einfach dazulegen.
Und bitte noch einen Zettel dazulegen “Nächstes Mal unbedingt die mares-Badeschuhe mitnehmen!”. Danke! Nicht nur, dass die Strände steinig und felsig sind, so ein Seeigel ist auch nicht unbedingt stimmungsfördernd. Ein kleiner Junge hat das mal sehr anschaulich demonstriert.
Auf dem Parkplatz gibt es einen öffentlich zugängigen Wasserhahn. Ich habe kaum noch Vorrat. Also das auch noch. Am Ende des Betankens stelle ich fest, dass sich auf Höhe von der Schiebetür ebenfalls eine Pfütze gebildet hat. Und es tropft unaufhörlich weiter. Wahrscheinlich habe ich mir den Frischwassertank kaputt gefahren, denkt es. Nun ist es mir auch schon wurscht. Ich muss runter vom Parkplatz – sie schliessen um 21:00 Uhr. Es wird auch schon dunkel. Ohne konkrete Vorstellung fahre ich drauf los und lande … auf der Strecke, die ich vorher noch gelaufen bin …
WAS STIMMT NUR MIT MIR NICHT!?
Hätte ich die Möglichkeit, mich von Bären fressen zu lassen, ich würde die Gelegenheit beim Schopf packen.