Heute starten wir mit Bala Hissar, der Zitadelle in Kabul. Bei Einfahrt muss Azir beweisen, dass er auch des Paschtus mächtig ist. Die Taliban sprechen in Dari nicht mit ihm. 90 % der Taliban sind Paschtunen. Es ist auch unwahrscheinlich, dass alle lesen und schreiben können. Er kann sie überzeugen, dass wir die Zitadelle besichtigen dürfen. Wirklich nicht ganz einfach, da das große Gelände, das sie bewachen, Militärgelände mit allerlei Fuhrpark ist. Wir fahren hinauf. Von hier aus hat man einen schönen Ausblick auf Kabul, heute mit blauem Himmel und klarer Sicht. Unter uns liegt ein Wasserspeicher zum See Kol-e Hashmat Khan angelegt.
Die Zitadelle ist nur noch in Teilen erhalten. Andere Bereiche hat man neu aufgezogen. Es sind zwei Panzerwracks zu sehen. Sie wurde im 6. Jahrhundert begründet, nimmt man an. Auf Befehl der Briten wurde die Festung 1879 zerstört. Bis zu dieser Zeit diente sie afghanischen Emiren als Residenz über 1.500 Jahre.
Danach fahren wir zu dem Bagh-e-Babur Garten. Es kostet Eintritt und das nicht wenig. 1.000 AFS (15 €) für 2 Personen und 2 Kameras. Die Afghanen haben die Angewohnheit, die ich aus den 80er Jahren aus Deutschland kenne, dass man für Fotoapparate extra zahlen muss. Das war schon im Zoo so. 1528 wurde der Garten unter der Herrschaft des ersten Mogulenherrschers Babur angelegt. Der Garten ist in 15 ansteigenden Terrassen angelegt. Auf der 14. Terrasse ist das Grabmal Barburs. Auf der 13. Terrasse steht eine kleine Moschee. Ausserdem gibt es ein Gästehaus und den Palast der Königin, in dem wir Tee trinken, den wir nachher auch bezahlen müssen. Das ist uns so noch nie passiert. Es ist geplant, dort Hochzeiten zu veranstalten. In Afghanistan hat man für Hochzeiten extra auch Veranstaltungshäuser errichtet. Der Palast und die Gartenanlage wurden im Bürgerkrieg zerstört. Die Aga Khan Stiftung hat maßgeblich dazu beigetragen, das alles wieder aufgebaut werden konnte. Das Gelände ist 11,5 Hektar gross, darauf befinden sich 8.000 einheimische Bäume, die von 25 Gärtner tagein-tagaus gepflegt werden. Heute war schon mal niemand zu sehen.
Am Ein- bzw. Ausgang haben sich ein paar kleine Shops angesiedelt. Bei einem stöbern wir etwas durch. Für 20 € erstehe ich wirklich schöne handgemachte Puschen aus Bamiyan. Jürgen würden sie auch gefallen, vllt finden wir ja welche in seiner Größe in Bamiyan. Dafür hat er eine wunderschöne Zwille erstanden mit schönen Intarsien-Arbeiten am Griff.
Auf der Fahrt halten wir kurz an der Harten-Brücke. Sie besteht aus Stein, hat an beiden Enden jeweils 2 Stelen und überzieht den Fluss Kabul. Heutzutage ist sie für den Straßenverkehr gesperrt, sie ist wohl reparaturbedürftig. Am anderen Ende der Brücke üben sich Jungs mit ihren Mopeds ins Kreisen zu kommen. Gegenüber bietet jemand kleine Dreiräder für Kinder an.
Azir will uns unbedingt noch die Shah-Do Shamshira Moschee zeigen. Es würden auch viele Vögel darauf Platz nehmen. Er verwechselt gerne “penguins” mit “pigeons”. Als wir dort ankommen ist die Straße davor von Taliban gesperrt. Die nun verkehrsfreie Straße wird für das Freitagsgebet von Gläubigen bevölkert. Wir sollten am Auto warten, in 10 Minuten könnten wir passieren. In der Zeit erkunden wir ein bisschen den angrenzenden Markt. Es ist ein Street Food Market und vieles ist verlockend. Danach dürfen wir. Auf der Promenade wird Taubenfutter verkauft, was die Viecher anzieht. Die Kinder freut’s.
Von der Chicken Street erwarten wir uns schönes Handwerk und Antiquitäten. Leider haben viele Geschäfte geschlossen, heute ist Freitag. Deshalb wollen wir es morgen nochmal versuchen.
In der Straße wurde ich von einem rotzenden kleinen Mädchen angebettelt, das barfuß daherkam. Ich hab ihr Geld gegeben, weil es hier im Umkreis Essen nicht zu kaufen ist. Es passiert zwar nicht so häufig, aber schon immer wieder. Die Taliban haben die Bettler aus Kabul vertrieben.
Azir stellt auf dem Parkplatz fest, dass er sich einen Nagel in den Reifen gefahren hat. Wir fahren ein bisschen, halten am rechten Fahrbahnrand. Er kommuniziert über das Beifahrerfenster mit dem Mann vor der Werkstatt. Der kommt umgehend ums Auto, beginnt, pumpt mit dem Kompressor den Reifen auf – fertig. Keine 5 Minuten. Azir bezahlt dafür 20 AFS, das sind 20 €-Cent.
Mit unserem Programm sind wir nun fast durch, aber wir wollen morgen nochmal mit Azir los. In Bamiyan, unserer nächsten Station, ist es die nächsten Tage minus 20 Grad. Deshalb verlängern wir unseren Aufenthalt hier. Wir machen auch schon um 15:00 Uhr Schluss und essen heute ausnahmsweise zuhause.