Heute Nacht soll in Kabul mächtig gefeiert worden sein. Die Taliban hat Schüsse abgefeuert und die Feierwütigen Feuerwerk. Grund der Stimmung: Afghanistan hat im Cricket Championship Trophy gegen England gewonnen. Cricket ist in Afghanistan sehr populär.
Azir fährt uns direkt zu der Haji Abdul Rahman Jamia Masjid Moschee. Sie liegt im Zarnergar Park. Die Türen werden heute nur für uns geöffnet nach Zustimmung des Eigentümers, wie es heißt. Wir betreten das Gebäude über den Bereich der Absolution, Waschraum. Sie gilt als eine der größten Moscheen Afghanistans. Über mehrere Ebenen können Gläubige hier beten. Die aufwändigere obere Etage wird allerdings nur für das Freitagsgebet geöffnet. Darüber – wir sehen nur den Balkon – ist der Bereich der Frauen. Die Mosche kann gleichzeitig 10.000 Gläubige aufnehmen. Der Grundstein wurde 2001 gelegt, jedoch von der Regierung auf Eis gelegt, auch genannt Red Tape. Offiziell wurde sie 2012 eröffnet.
Danach machen wir uns auf zum Bird Place, der auf meiner Wunschliste steht. Nachdem die Straße direkt dorthin aufgrund von Straßenarbeiten gesperrt ist, parkt Azir im Parkhaus direkt an einer Mall, die vor ein paar Tagen erst eröffnet hat. Wir schauen kurz rein. Man wird am Eingang kontrolliert. Die Dame nimmt mir meine Zigaretten ab. Feuerzeuge wären auch nicht erlaubt. Es gibt mehrere Malls in Kabul. Direkt gegenüber unseres Stellplatzes zum Beispiel ist das Kabul City Center, das 2001 eröffnet wurde und schon mehrfach Anschlägen ausgeliefert war.
Auch ein Kino gibt es in der Stadt, das Cinema Ariana. Doch wir hören, dass es für die Öffentlichkeit gesperrt ist und nur für propagandistische Veranstaltungen der Taliban genutzt wird. Wie es sich mit dem Nationaltheater verhält, weiss Azir nicht zu berichten.
Dann geht es zu Fuß weiter Richtung Ka Faroshi Bird Market. Auf dem Weg durch das alte Kabul liegt die Pul-e Kheshti Masjid Moschee, zu der uns für den Außenbereich Zutritt gewährt wird. Wir drehen eine Runde. Die Moschee wurde im späten 18. Jahrhundert errichtet und ist die größte Kabuls. In den Kriegswirren wurde sie zerstört und seit 2019 ist sie neu renoviert. Am hinteren Ausgang gelangt man direkt in den Bazar.
Man muss höllisch aufpassen, dass man sich nicht verliert in dem Getümmel. Kabul hat zirka 5 Millionen Einwohner und wächst kontinuierlich. Wir haben bewusst den Besuch auf heute gelegt, da am Freitag der Bird Market Hochsaison hätte. Gefühlt sind heute alle Einwohner Kabuls auf den Füßen und es ist recht hektisch. Geschuldet ist es dem nahenden Ramadan, der am Samstag beginnt. Man ist noch dabei, sich für diese Durststrecke einzudecken. Knöcheltief matscht man durch die schlammigen Gassen. Unzählige Schubkarrenfahrer sind mit ihrer Fracht zusätzlich unterwegs. Wenn sie sich entgegen kommen, geht nichts mehr und man muss aufpassen, nicht unter die Räder zu kommen, wenn geschoben und gezerrt wird. Von hinten hat man dann meistens auch noch einen im Kreuz.
Ich bin froh, als wir abbiegen und es ruhiger wird. Nun sieht man schon die Käfige hängen, die Vögel sind nicht mehr weit. Wir sehen schon Hühner und Truthähne, Wellensittiche sind auch nicht mehr weit, Zebrafinken und viele Chukarhühner, auch iranische Vögel sind dabei. Azirs Freund hat einen Laden, bei dem wir uns umsehen. Gleich schon verteilt er auf uns seine Papageien. In den Käfigen sind so viele unterschiedliche Vögel vertreten, die man zum Verkauf in Afghanistan nicht vermuten würde.
Über einen niedrigen Durchgang gelangen wir auf einen noch matschigeren und streng riechenden Hinterhof. Auch hier finden sich Hühner, Truthähne und Gänse in den Käfigen. Eine Ebene höher stehen einzelne Hähne in Käfigen. Das sind die Kampfhähne. Früher haben freitags Hahnenkämpfe im Bagh-e Barbur Park stattgefunden. Unter der Taliban ist Hahnenkampf nunmehr verboten. Trotzdem stehen die Kampfhähne zum Verkauf für zirka 150 Euro. Falls wir Interesse an einem Kampf hätten, könnten wir für 15 Euro einen sehen. Sie sind extrem nett zu uns und servieren uns literweise schwarzen Tee. Dann gelangen wir schön langsam an das Ende des Bird Market. Übrigens ist der Markt um die 200 Jahre alt.
Danach müssen wir noch eine gute Strecke zu Fuß zurücklegen, bis wir wieder am Auto sind. Es ist noch nicht spät, doch für heute reicht es uns. Azir bringt uns zurück zu unserem Stellplatz und wir gehen noch kurz vor das Tor links, um dort Kebab zu essen.
Zurück im Auto, kann ich immer wieder Gewehrschüsse hören. Was es heute wohl zu feiern gibt?