Heute ist ein denkbar schlechter Tag, um mit mir zu diskutieren. Man sieht es mir an.
Für die Nacht habe ich mich an die Baumreihe auf dem Parkplatz über dem Jadebusen gestellt. Kurz zuvor war es noch herrlich sonnig, so, dass ich meinen Stuhl aufwändig aus dem Auto geschält und in den Vorgarten gestellt habe. Vor Tagen mussten die beiden, also Board und Stuhl, die Plätze tauschen. Nun fährt das Board auf dem Beifahrer und der Stuhl in der hinteren Sitzreihe. So dachte ich es mir auch anfangs. Meine romantische Camperseele träumte von sonnigen und lauen Spätsommerabenden, an denen man die meiste Zeit sich draussen aufhalten würde. Nun sitze ich eben häufig im Innern auf der Sitzreihe. Mit dem Board als Nachbarn nahezu unmöglich.
Wann mein Leben sich auf Romantik umgestellt hat, kann ich heute nicht mehr bewerten. Fakt ist, dass mein Leben davor einfacher war.
Ich fahre Dinge durch die Gegend, bei denen ich noch dachte, sie würden einem ein Stück Heimat vermitteln. Dies ist nicht der Fall: ich fahre lediglich einen Teil meiner Wohnung durch die Gegend.
Wenn ich nach dieser Zeit nachhause zurückkomme, wird nichts mehr so sein, wie es noch davor war. Ist es auch heute schon nicht mehr. Unser Hof wird gerade abgerissen. Die alte Villa und ein Teil der landwirtschaftlichen Gebäude wurden bereits vor einiger Zeit abgerissen, sehr zum Ärgernis der Chronisten. Ich hatte noch Glück, dass ich mir noch einen Hut meines Vaters aus der Werkstatt greifen konnte, der nun in Ermangelung einer Hutablage vorne hinter der Windschutzscheibe mitfährt. Alles zulässig.
Definiere Heimat.
Spät morgens, ich habe kaum geschlafen, schaue ich noch zum Jadebusen. Ebbe.
Ich möchte weiter Richtung Ostsee, kann aber kein Zwischenziel ausmachen. Ich mag eigentlich keine Überfahrten von hunderten an Kilometern mehr. Seit diesem Auto. Ich entscheide mich für Oldenburg, um einige Dinge einzukaufen, die mir aktuell noch fehlen.
Darunter auch ein Bluetooth-Lautsprecher, aber diesmal mit Radio-Tuner, damit ich mit der Aussenwelt verbunden bleibe. So erfahre ich, dass der ausgiebige Regen in der Region dieses Jahr noch lange den trockenen Sommer 2018 nicht ausgleichen hätte können. Gerade Buchen, Fichten und Lärchen hätten noch heute unter dem Wassermangel zu leiden. Gleich fange ich noch an, dieses Schietwetter zu mögen. Bin mal gespannt, wie viele Lautsprecher ich mir noch in meinem Leben anschaffen muss. Dies hier ist schon der 2. während dieser Fahrt, nachdem mein mp3-Player zwar einen Radio-Tuner hat, aber nicht, wenn er bluetootht. Dafür ist der aber wasserdicht. Ein nicht unwesentliches Detail auf meiner Tour.
Danach wieder auf der Autobahn weiter Richtung Lübeck. Immer, wenn ich in der Gegend bin, muss ich nachsehen, wie die Anlage um das Holstentor bepflanzt ist. Als Kind hatte ich ein Puzzle des Holstentores mit einem riesigen Tagetes-Beet im Vordergrund. Ich habe es gehasst.
Morgen schaue ich mal wieder vorbei.
Heute habe ich es nicht mehr geschafft. Es war Stau von Hatten bis Hude. Dann von Buxte bis Büttel. Und so ging es weiter
Ich kann kaum noch fahren, geschweige denn gehen. Mein linker Knöchel ist stark angeschwollen und schmerzt und strahlt bis über den Fussrücken.
Der Geist der Turnschuhe.